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BURIED IN A WOMB – „Epigenetic Vunerabilities in Intrapersonal Failure“

BURIED IN A WOMB – „Epigenetic Vunerabilities in Intrapersonal Failure“ Label: Sepulchral Silence Laufzeit: 36:45 min VÖ: 30.09.2018 Genre:

BURIED IN A WOMB – „Epigenetic Vunerabilities in Intrapersonal Failure“

BURIED IN A WOMB – „Epigenetic Vunerabilities in Intrapersonal Failure“

Label: Sepulchral Silence

Laufzeit: 36:45 min

VÖ: 30.09.2018

Genre: wahnsinniger, genialer Black Crust Punk Metal Rock’n’Roll

Wahnsinn! Merkt Euch das Wort, denn ich werde es noch mehrmals verwenden. Denn das trifft die zweite Scheibe von BURIED IN A WOMB mit dem prägnanten Namen „Epigenetic Vunerabilities in Intrapersonal Failure“ am treffendsten. Und das ist nichts mehr als ein wahnsinniges Kompliment!

Ich hatte Ende 2017 schon das große Vergnügen, das erste Album „Prenatal Suicide“ zu rezensieren. Und ich erfreue mich regelmäßig an „Spring Of Anhedonia“. Herr Glasersfeld hat nun aber noch mal richtig nachgelegt. Und dabei ist eine ungemein fiese, viehische, hundsgemeine, dreckige, garstige Kopulation von Black Metal, Punk, Crust und Rock’n’Roll entstanden. Geht das? Ja, und wie! Zunächst der Sound, der ja schon beim Debüt rotzig daherkam, nun aber nochmal mit hässlichem Grinsen mehrere rostige Schippen an Dreck, Eiter, verwesendem Fleisch, abgekauten Fingernägeln und benutzten Kondomen draufpackt. Das ist siffig, stumpf, vulgär – und wunderbar, bezaubernd, selig machend, reizend! Denn bei allem Schmutz und aller Speckigkeit, alles ist ausreichend separiert, druckvoll, voller roher Kraft und Energie. Herauragend sind die Gitarren. Das, was da geboten wird, ist einfach einzigartig, das habe ich in mehr als 30 Jahren Liebe zum Metal noch nie so gehört, das ist einfach Wahnsinn! Das sind diese fetten Rhythmusriffs, die alles plattwalzen, selbst die eigenen leute, wenn sie nicht schnell genug zur Seite springen. Das sind aber vor allem all diese unglaublichen Gitarrenleads, die in einem ganz eigenen Kosmos zwischen Melodie und Dissonanz schreien, quäken, liebsäuseln, jammern, umarmen, gellen, singen. Einfach unvergleichlich, originell, beispiellos! Und dann diese Soli, völlig durchgedreht, absurd, aberwitzig („The Rush…“, ich ginse jetzt noch!)! Dazu gesellt sich der schon beim Debüt so prägnante Bass. Der knarzt, qualmt, pumpt, knurrt, furzt, kommt auch mal fies angezerrt daher, und setzt in all dem Getrümmer immer wieder selbstbewusst und breitbeinig grinsend eigene Akzente (Genießt einfach „Epigenetic…“ oder „Blinded By Dopamine“, dieses Ende!). Das Schlagzeug ist kein Mensch, aber wen interessiert das, wenn es wie ein rabiater Kneipenschläger krawalliert, alles gnadenlos hinter sich her zerrt, rasend im Blastbeat oder Uffta galoppiert oder in schwerstem Groove alles niederwalzt. Vor allem die Becken scheppern schön feist, so muss das. Und dann ist da noch die Goldkehle des Herrn Glasersfeld. Die kotzt heraus, brüllt, pisst, krächzt, oft rezitativ, abgehackt, schmeißt mit verbeulten Motorhauben um sich, brutal, fies, gemein, bar jeder Hoffnung, in einem Keller, in dem Menschen brutal und genüsslich langsam zu Tode gefoltert werden.

Heraus kommt Musik, die in ihrer dunklen, bösen, menschenverachtenden Aura einen kompakten, massiven, bulligen, komprimierten Hassbrocken ergibt, undurchdringbar, schwarz, geheimsisvoll, böse. Und doch bricht Herr Glasersfeld dies immer wieder gekonnt auf mit zahlreichen schicken Überraschungen: Da gibt es atmosphärisch eingesetzte Synthieteppiche, Sprachsamples, angezerrte Gitarren, all diese kurzen knackigen Soli. Da gibt es brachiale Grooves und plötzliche Bremsungen an meterdicken Mauern. Und genau diese ruhigen Intermezzi haben ihre Berechtigung, denn sie lassen uns mit ihrer Diskrepanz zum rasenden Wüten die Brutalität dieses Vernichtungsgewitters besonders intensiv erleben, erspüren, erhören. Das alles mäandert zwischen Black Metal Raserei („Epigenetic…“) und Crustgranaten („Menschenmaterial“, „The Rush…“, „Blinded By Dopamine“), und ein echten Hit gibt es mit „Gas Mask Nation“ auch, was für eine Demonstration!

Fazit: BURIED IN A WOMB haben mit „Epigenetic Vunerabilities in Intrapersonal Failure“ eine unvergleichliche, einzigartig gewalttätige, fiese, rasende Büchse der Pandora geöffnet, voller Black Metal, Crust, Punk und Rock’n’Roll. Das hier sucht seinesgleichen. Das ist fordernd, stoisch, erbarmungslos – und in seiner abstoßenden Abgründigkeit ebenso schön, schillernd, mitreißend, gefühlvoll und glücklich machend. Eben Wahnsinn! Und wenn ich diese wunderschöne, zu Tränen rührende Melodie am Ende des Finales „Hanging Or Poisoning, That Is The Question“ höre, dann habe ich Hoffnung, dass diese Frage unbeantwortet bleibt, dass diese Schönheit nicht der Tod ist, sondern es in allem Schwarz des Herrn Glasersfeld doch noch Licht gibt. Letztes Wort: Kaufbefehl! Nein: Wahnsinn!

Liederliste:

1. Nihilized Punk (4:38)
2. Dissociation Can’t Save You (4:40)
3. Gas Mask Nation (5:54)
4. Epigenetic Vunerabilities In Intrapersonal Failure (3:50)
5. Menschenmaterial (1:18)
6. The Rush Of Childlike Independence And Fateful Lies (3:56)
7. Blinded By Dopamine (4:27)
8. Love’s Crippled Decay (4:18)
9. Hanging Or Poisoning, That Is The Question (3:44)