Greta Van Fleet, Support Goodbye June, 30.10.2018, Sporthalle Hamburg
Wenn eine Band derart gehypt wird wie derzeit die Michigan Boys von Greta Van Fleet, darf die Erwartung auch
Wenn eine Band derart gehypt wird wie derzeit die Michigan Boys von Greta Van Fleet, darf die Erwartung auch ruhig ein wenig größer sein. Als die legitimen Nachfolger von Led Zeppelin werden sie überall gehandelt, was in Anbetracht ihrer Songs auch kein großes Wunder ist. Dass dabei noch ein wenig Eigenständigkeit fehlt, spielte aber am Dienstag Abend in der mit 5.500 Besuchern ausverkauften Alsterdorfer Sporthalle in Hamburg keine Rolle. Ein bunt gemischtes Publikum durch sämtliche Generationen hindurch, war anzutreffen, wobei man so manchem ansah, dass er Led Zeppelin noch live erlebt hat. Doch gerade diese Ausgewogenheit zwischen Siebzigjährigen und Jugendlichen von vielleicht zwölf Jahren, machte die bunte Mischung aus. Wie sagte mein Nachbar so schön: „Ich bin mit meinen beiden Jungs hier. Die sind irgendwo da unten. Ich darf sitzen.“
Gerade das zeigt dieses Phänomen, das die drei Brüder mit Kumpel am Schlagzeug aus Frankenmuth, Michigan mit ihrem Classic Rock auslösen. Es ist einerseits die Verbindung zu den alten Helden, die die vier Jungs im Alter zwischen 18 und 22 Jahren verarbeiten und andererseits haben sie die DNA des Blues der sechziger und siebziger geradezu eingesogen und zu etwas verarbeitet, das in dieser Art wohl derzeit einzigartig ist. Aussagen von Josh Kiszka, dass Led Zeppelin keinen großen Einfluss auf das Songwriting ausgeübt haben und man die Band bis zur High School noch nicht einmal kannte, mögen da ein wenig weltfremd anmuten und sollte man auch unkommentiert dahin gestellt lassen.
Aber wie auch immer – es geht um die Songs, um die Performance und vor allem darum, ob sie auch live überzeugen können. Doch erstmal waren die Nashville Rocker von Goodbye June am Start. Mit ihrem herrlichen Old School Rock, der sich an Bands wie den Allman Brothers genauso orientiert, wie an Jimi Hendrix und aus drei Cousins plus zwei Freunden besteht. Mit einer mehr als beeindruckenden Performance, die getragen wurde von Leidenschaft und Ausdruck, wobei besonders Sänger Landon Milbourne mit fast schon ekstatischer Hingabe alles gab, haben sie das Publikum ziemlich schnell auf ihrer Seite. Ich bin mir sicher, dass man von den Jungs noch mehr zu hören bekommt.
Nach einer Umbaupause von 40 Minuten ging dann um 21:25 Uhr das Saallicht aus. Die in dunkles Licht getauchte Bühne wurde zudem von reichlich Nebelschwaden überzogen und verströmte mit in der Nähe des Drumsets angebrachten Räucherkerzen einen wohligen Duft. Ein kurzes Intro, dann tauchten die vier Jungs aus dem Dunkel auf, Sänger Joshua „Josh“ Kiszka verteilte weiße Rosen ins Publikum und hatte damit die ersten Mädchenträume bereits erfüllt. Doch es ging ja nicht um Teenieschwärme mit belangloser Retortenmusik, sondern um echte Kerle, die verdammt nochmal ordentlich rocken wollten.
Und genau das taten die Jungs dann auch. Auch wenn sie altersmäßig noch nicht wirklich auf eine echte und lange Erfahrung zurückgreifen können, präsentierten sie sich erstaunlich professionell. Keine Zeichen von Angst oder mangelndem Vermögen. Die großen Posen von Josh waren da, Gitarrist Jacob „Jake“ Kiszka erinnerte dabei in seiner ganzen Art nicht selten an Jimmy Page (auch wenn der Vergleich hinkt und es viele nicht hören wollen – der Junge hat definitiv Jimmy häufig über die Schulter geschaut), während Bassist/Keyboarder Samuel „Sam“ Kiszka, barfuss spielend, einen herrlichen Teppich unters stürmische Spiel von Drummer Daniel „Danny“ Wagner legte. Vor allem Gitarrist Jake konnte mit seinem beseelten und versierten Spiel auch die letzten Zweifler restlos überzeugen. Ausgedehnte Soli, die eine Klasse offenbarten, an der sich andere Gitarristen selbst im höheren Alter noch schwer tun. Doch es sind vor allem die Songs, die überzeugen. Da fügten sich die beiden Coversongs „Evil“ (Willie Dixon) und „Lay Down (Candles In The Rain)“ (Melanie) derart passend ins Set ein, dass man meinen konnte, dass sie von der Band selbst geschrieben wurden.
Dass einzige Manko war die kurze Spielzeit von knapp sechzig Minuten, was durch zwei Zugaben noch ein wenig gestreckt wurde, so dass am Ende ca. fünfundsiebzig Minuten auf der Uhr standen. Okay, es gibt halt erst ein Album („Anthem Of The Peaceful Army“) und zwei EPs („Black Some Rising“ und „From The Fires“). Doch da wäre meiner Ansicht nach noch mehr drin gewesen. Aber wie auch immer, war es ein fantastischer Abend, der beim nächsten Besuch sicher in einer noch größeren Halle stattfinden dürfte. Denn man sollte nicht vergessen, dass die Show erst ins Mehr! Theater gebucht war und aufgrund der großen Nachfrage schließlich in die Sporthalle verlegt wurde. Können sich 5.500 Besucher irren? Wohl kaum. So hörte man im Anschluss an die Show auch nur lobende Worte.
An dieser Stelle möchte ich es auch nicht versäumen, mich bei FKP Scorpio zu bedanken, die sowohl im Vorfeld als auch vor Ort einen exzellenten Job gemacht haben. Beide Daumen nach oben!!!
Mehr Bilder gibt es hier: https://www.metalglory.com/gallery/greta-van-fleet-support-goodbye-june-30-10-2018-sporthalle-hamburg/
Setlist:
My Whole World Ended (The Moment You Left Me) (Intro)
Brave New World
Highway Tune
Edge Of Darkness
Flower Power
You’re The One
Evil
Lay Down (Candles In The Rain)
Watching Over
When The Curtain Falls
Black Smoke Rising
Safari Song