RAMMSTEIN „Rammstein“
RAMMSTEIN (D) „Rammstein“ Vö: 17.05.2019 Spielzeit: 46:25 Genre: Indusrial Rock Label: Universal Music Zehn Jahre sind eine lange Zeit,
RAMMSTEIN (D) „Rammstein“
Vö: 17.05.2019
Spielzeit: 46:25
Genre: Indusrial Rock
Label: Universal Music
Zehn Jahre sind eine lange Zeit, vor allen Dingen in der Musikbranche. Doch es gibt einige legendäre Bands, die sich so eine „lange“ Auszeit in der heutigen überaus schnelllebigen Welt leisten können, ohne dabei auf ihre Fans zu verzichten bzw. obendrein dadurch neue hinzuzugewinnen. Zu solchen Bands gehören definitiv RAMMSTEIN, der Megaexportschlager aus Berlin! Doch wenn wir ehrlich sind, kann man bei Rammstein von einer Auszeit nicht wirklich sprechen. Nach ihrem 2009-Album, welches kurzzeitig auf dem Index gelandet war, waren sie sehr lange auf Welttournee, veröffentlichten neue Songversionen älterer Tracks, die es u.a. als Blu-ray-Videoclip-Ansammlung gab „Videos 1995-2012“, dann gab es noch Livefilme aus „Paris“ und „In Amerika“ und nicht zu vergessen die Best-Of-Kompilation (samt neuem Track) „Made in Germany“, zu der es auch eine Tournee gegeben hat. Des Weiteren haben einige Bandmember noch Soloalben bzw. anderweitige Projekte (u.a. Emigrate oder Lindemann) realisieren können. Von daher haben die Rammstein-Fans diese lange Zeit auf ein neues Album nicht als langweilig empfinden müssen. Doch umso mehr ist es spannend zu wissen, wie die Band anno 2019 klingt, zumal sie bereits Ende 2018 neue Welttourdaten bekanntgegeben haben und im nu fast Show in großen Stadien Deutschlands ausverkauft meldeten. Die Tour startet am Montag, 27.5. in Gelsenkirchen!
Rammstein sind mit dem Werk weiterhin Rammstein, aber man muss auch zugeben: nicht innovativer als man es eben nach zehn Jahren vielleicht vermuten würde. Mit ein paar Ausnahmen: einigen neue Keyboard-Arrangements (u.a. „Deutschland“/„Radio“), coolem Tempi-Wechsel (u.a. Puppe“) als auch schöner Melodien (u.a. „Weit weg“) bekommt man doch gewohnte Kost.
Bereits der nichtvorhandene Titel des Albums (ist es nun als „Rammstein“ zu bezeichnen oder nicht?!) ist fragwürdig, wenn man bedenkt, welche Wortgewandtheit diese Band hervorbringt. Auch das Coverartwork/Designkonzept der Special Edition ist irgendwie mager ausgefallen, nennen wir es unspektakulärer als sonst. Und die Farbe weiß hatten sie ja schon zuletzt bei der Best-Of-CD. Aber vielleicht ist diesmal ja weniger mehr?!
Rammstein klingen eher zugänglicher als sonst, deutlich weniger provozierend, ja, die „harten“, heftigen Worte sind rar und musikalisch gibt es keine großen Überraschungen, daher im Endeffekt alles doch rammstein-typisch. Bei vielen der neuen Songs lassen sich sogar direkte Parallelen zu Riffs und Arrangements vergangener Alben ablesen. Doch tut dieser erste Eindruck wirklich weh, ist das etwa schlecht? Für meine Begriffe nicht wirklich, denn es ist Rammstein, aber man könnte es auch als „Jaein“ beantworten.
Zum einen ja, weil man eben von Rammstein oft pure Provokation erwartet und viele Fans nach so langer Schaffenspause und den brennenden (politischen!) Themen & Problemen der Welt viel heftigere „Texte“ erwartet haben. Zum anderen nein, weil es eben Rammstein-Songs sind, die man sofort mitsingen kann, die auch zum Nachdenken anregen und sich vor allen Dingen visuell (und LIVE on stage!) sehr gut umsetzen, darstellen lassen. Und genau für dies stehen auch Rammstein seit ihrer Gründung oder wer will was anderes behaupten?! Die haben sich doch nie um die Meinungen anderer geschert?! Also.
Und wenn wir ehrlich sind, heutzutage noch irgendwie zu provozieren oder gar schockieren, ist ja auch eine andere Sache, schließlich bekommt man mehr Gewalt, Sex, Crime den ganzen Tag über im Netz/TV, als es noch vor 20, 30 und sowieso 50 Jahren der Fall gewesen ist –frei Haus! Aber wir wissen ja auch, dass vor zehn Jahren ein Song wie u.a. „Ich tu dir weh“ durchaus für Gesprächsstoff sorgte. Von daher kann ich mir schon vorstellen, dass ein Till bei Songs wie z.B. „Hallomann“, „Sex“, „Tattoo“ oder „Diamant“ vor gut 20 Jahren deutlich andere Wörter gefunden hätte, um „böser“ & provokanter zu wirken. Doch grundsätzlich gilt auch bei dem Album, was man selbst hinzudichten möchte oder wie man es interpretiert, sei eben jedem selbst überlassen.
„Radio“ mag die Zeiten von damals gut beschreiben, wie es ohne Streaming/Internet, West-TV usw. möglich war etwas Neues zu erfahren, aber ohne den feinen Clip wirkt der Songs auch etwas dürftig & eingängig; aber dennoch äußerst livetauglich. „Deutschland“ punktet auch eher durch den Videoclip, aber als Opener einer Liveshow oder gar in Fußballstadien dürfte er bald zur Hymne werden.
„Zeig Dich“ -geht schon ziemlich gut, hart ab und spielt auch thematisch in einer anderen Liga. Eins dieser Songs (über den Kindesmissbrauch durch Priester), die vielleicht noch am ehesten provokant vorkommen, vor allen Dingen in Ländern wie Polen dürfte es der Song schwer haben. Daher wäre es durchaus nett, wenn Rammstein daraus auch eine polnische Version oder gar italienische/lateinische (á la Vatikan-Version!) aufnehmen würden. Ja, das hätte was. „Sex“ dürfte vom Titel her ein paar Jugendlichen gefallen und musikalisch ist es für meine Begriffe nicht heftig genug. Hat zwar sehr coole, -passend zum Refrain- harte Parts, aber wirkt etwas zu kurz und daher doch typisch NDH. „Ausländer“ , geht voll in Ordnung, geht sofort gut ins Ohr und dürfte daher im Liveset zum Mitsingen nicht fehlen.
Zu meinen Favoriten gehört allemal „Puppe“, der langsam anfängt und nach gut zwei Minuten vollkommen ausbricht und durch die krass-kranke Stimme die Bedeutung der Thematik extrem hervorhebt. Dürfte ein Dauerbrenner werden, aber sicherlich nicht im Radio und keinesfalls im (Mädchen) Kinderzimmer – und als Bühnenumsetzung mit Till und Flake sicherlich interessant.
Auch „wunderschön“ ist die Ballade „Diamant“, die etwas kurz geraten sein mag als auch kitschig-wirkend, aber dafür sehr gefühlvoll ist und einen tollen Basspart inne hat. Nicht wirklich neu diese Seite von Rammstein, aber wer sich hier für das Titelwort auch mal ein anderes „Lieblingswort“ ausmalen mag, wird schon deutlich mehr & andere Gefühle verspüren. Zu guter Letzt ist „Weit weg“ ein gelungener Schachzug. Zwar kann dieser Track auch vielen zu seicht vorkommen, doch lässt man diese Melodie auf sich wirken, dann ist da eben das gewisse Etwas.
Zudem, auch wenn es keine direkten Favoriten sind, so würde ich ohne Weiteres ständig „Deutschland“ und „Ausländer“ mitsingen, man bekommt sie einfach nicht aus dem Ohr, sowohl vom Text als auch der Melodie wegen.
Man kann einiges über dieses Album sagen oder es eben auch lassen. Fest steht für mich, dass Rammstein schon deutlich bessere Songs in ihrer Karriere präsentiert haben, aber mit diesem Album elf Nummern haben, die sich auch ohne Weiteres live gut umsetzen lassen und ständig im Radio gespielt werden können.
RAMMSTEIN „Europe Stadium Tour“ – 2019:
27.05.2019 Gelsenkirchen, VELTINS-Arena
28.05.2019 Gelsenkirchen, VELTINS-Arena
08.06.2019 München, Olympiastadion München
12.06.2019 Dresden, Rudolf-Harbig Stadion
13.06.2019 Dresden, Rudolf-Harbig Stadion
16.06.2019 Rostock, Ostseestadion
22.06.2019 Berlin, Olympiastadion Berlin
02.07.2019 Hannover, HDI Arena
13.07.2019 Frankfurt/Main, Commerzbank-Arena