Fury in The Slaughterhouse (D) – NOW
Für viele ist Hannover die Provinz am Arsch der Welt mit wenig Lebenskultur. Für Rockfans aber ist es irgendwie
Für viele ist Hannover die Provinz am Arsch der Welt mit wenig Lebenskultur. Für Rockfans aber ist es irgendwie schon immer die Rockhauptstadt gewesen. Zahlreiche Bands stammen aus der Landeshauptstadt an der Leine, die verdammt stolz sein kann eben nicht zu den großen Metropolen unseres Planeten zu gehören. Eloy, Jane, die Scorpions, Victory und natürlich unsere Furys sind Jünger einer der schönsten und grünsten Städte der bunten Republik Deutschland. Fury gehört zu Hannover wie Hannover 96, der Maschsee und die Herrenhäuser Gärten. Oder wie es Thees Uhlmann erst in seiner kleinen Hommage an Hannover so herrlich gesungen hat: „Du hattest einen Plan vom Leben / Ich hatte Fury in the Slaughterhouse“. 1986 gegründet, trug es die Band sogar bis in die USA, verkaufte Millionen an Platten und hat den Sound einer Generation mitgeprägt. Von ihren Fans schon lange nur Fury genannt, hat es sich die Band nicht immer leicht gemacht, ließ 2008 sogar das Ende verkünden. Doch so richtig voneinander lassen konnten sie nicht und so kam es immer mal wieder zu kleinen Intermezzi, fanden Konzerte statt und schließlich 2017 wieder der Weg als richtige Band zusammen zu agieren. Die Vorfälle der alten Zeiten sind längst vergessen und begraben. Christof Stein-Schneider dazu: „Oft merkt man ja erst, was Dinge wert sind, wenn man sie nicht mehr hat. Wir waren seit über zehn Jahren nicht mehr im Studio, unter anderem auch, weil wir dort zu oft aneinandergerieten. Das hat sich gelegt. Wir haben alle zehn Jahre lang mehr Musikmachen auf dem Buckel, und das eben nicht als Fury-Mitglied, sondern in eigener Regie. Da lernt man doch eine Menge.“ Schlagzeuger Rainer Schumann pflichtet dem bei: „Ja, darin sind wir viel besser geworden. Das macht richtig Freude gerade und ist ein sehr kreatives, entspanntes Arbeiten. Für mich war so ein Schlüsselmoment, als Christof einmal meinte, als wir einen besonders guten Lauf hatten: ‚Äh, worum ging es bei unserem Streit damals eigentlich noch mal?‘ Das sagt doch alles, wenn einem der Grund nicht mehr so recht einfallen will.“ und nun liegt mit dem programmatischen „NOW“ nach fast 13 Jahren ein neues Album unserer Furys vor.
Wie aber geht man mit der eigenen Vergangenheit um? Kann man sich neu erfinden oder versucht man Liebgewordenes neu aufzuwärmen? Nichts dergleichen und doch ein wenig von Beidem. Bereits „Sometimes (Stop To Call)“ macht eindringlich klar: Fury is back. Es ist die Stimme von Kai, die man einfach liebgewonnen hat, der Einsatz der beiden Gitarristen Christof Stein-Schneider und Thorsten Wingenfelder, der tiefe Bass von Christian Decker, das Spiel auf den Tasten von Gero Drnek und natürlich der treibende Beat im Hintergrund von Rainer Schumann, die dieses ganz eigene Fury-Feeling zu erzeugen vermögen. Songs mit Ohrwurmcharakter, die man bereits beim zweiten Mal nicht mehr aus dem Schädel bekommt, wie die herrliche Hommage an alte Zeiten im voluminösen „1995“ oder im balladesken „Beauty In Me“, bei dem man die Feuerzeuge und Handyleuchten jetzt schon vor dem geistigen Auge sehen kann. Doch es ist auch der warme, organische und handgemachte Sound, den Produzent Vincent Sorg der Band und dem Album beschert hat. Eine echte Wohltat in Zeiten, in denen computergenerierte Beats und zugetriggerte Sounds die Charts beherrschen, in denen Null Leben steckt. Dafür haben hier die Songs mehr Leben, Harmonie und Liebe in jeder einzelnen Note, als andere Alben in ihrer Gänze. Man merkt, dass sich hier alte Freunde wieder neu gefunden haben, an alten Zeiten zwar auch ein Stück weit festhalten, sich aber auch eine neue Lockerheit erschaffen haben, die wohl ziemlich einzigartig ist. Wohlfühlen groß geschrieben. Ein feiner Hauch Melancholie weht durch die Songs, die aber dermaßen viel Positivität ausstrahlen, zum Mittanzen einladen und einfach nur ein unsagbares Gefühl namens Glück hervorzuzaubern verstehen. Mit „NOW“ haben Fury In The Slaughterhouse ein Comeback hingelegt, das man in dieser Form vielleicht nicht unbedingt erwarten durfte, ist es doch eines der besten in ihrer gesamten Karriere.
Auch wenn es in diesem Sommer erneut kaum richtige Konzerte geben wird, so haben sich die Furys doch entschieden ein paar „coronakonforme“ Shows zu spielen, bei denen Augen zum Leuchten gebracht werden und so mancher Fan in Erinnerungen schwelgen darf. Die Termine findet ihr auf der Fury Homepage oder auch bei Facebook.
Fazit: Eines der besten Alben der Hannoveraner, das man bereits nach ein paar Durchläufen immer und immer wieder hören möchte.
- Sometimes (Stop to Call)
- 1995
- The Beauty
- Letter To Myself
- All About Us
- Now
- Good Luck On Your Way
- Replay
- Sorry
- This Will Never Replace Rock’n’Roll
- Not The Time To Live A Lie
- Walk On
Label: Starwatch/Sony Music
VÖ: 23.04.2021
Laufzeit: 41:09 Min.
Herkunft: Deutschland
Stil: Pop/Rock
Webseite: https://www.fury.de/
Facebook: https://de-de.facebook.com/furyintheslaughterhouseofficial/