Reviews Tipp der Redaktion

ABORTED – „TerrorVision“

ABORTED – „TerrorVision“ Label: Century Media Records Laufzeit: 45:02 min VÖ: 21.09.2018 Genre: Belgischer Filetiermaschinen-Death-Metal-Brutalcore Meine Fresse!  Was für

ABORTED – „TerrorVision“

ABORTED – „TerrorVision“

Label: Century Media Records

Laufzeit: 45:02 min

VÖ: 21.09.2018

Genre: Belgischer Filetiermaschinen-Death-Metal-Brutalcore

Meine Fresse!  Was für ein brutales Brett!

Wer seit 1995 existiert, das mittlerweile 10.Album herausbringt, dafür gefühlte 357 Musiker in seinen Reihen kommen und gehen sehen durfte und musste, dem gebührt abseits aller musikalischen Einordnung zunächst vor allem eines: Respekt. Und so verneige ich mich ganz tief vor Herrn de Caluwe und seinen Mitstreitern.

Und kann gleich unten bleiben, denn eine große Verneigung hat auch „TerrorVision“ verdient. Denn hier zeigt die belgische Death-Metal-Filetiermaschine in einer dreiviertel Stunde wieder einmal, dass es an Brachialität, Intensität und Komplexität im Detah Metal niemanden gibt, der ABORTED auch nur annähernd das Wasser reichen kann. Wie ich zu dieser Aussage komme? Zunächst rein subjektiv: Wenn mich ein Album so packt, rüttelt, fordert, umarmt wie ein Schraubstock, das ich es kaum am Stück hören kann, dann ist das verdammt eindringlich und schmerzhaft. Und objektiv: ABORTED erschaffen Musik im weiten Bereich von Death Metal, Deathcore und Grindcore, die unglaublich dicht komponiert ist, die abwechslungsreich ist, in der zu jeder Sekunde etwas passiert, und zwar, weil es genau so passieren soll. Die Riffs sind so brachial wie wahnsinnig, so groovig wie rasend, so eingängig wie abstrakt. Und ich rede nicht von diesen Soli, oh Mann, die sind so krank, so abgedreht, so dermaßen unglaublich irre, dass es nur noch schön ist. Dann kommt da Herr de Caluwe, und er macht erfreulicherweise das, wofür wir ihn lieben: Er gibt alles, und ich frage mich immer wieder, was er da so alles aus seiner Kehle an Growlen, Kotzen, Kreischen, Schreien, Toben, Winden, Wühlen in die Welt hinaus speit. Seine Stimme sind die Skalpelle, die Knochensägen, die Hämmer, die Meißel und die Hände, die das alles im kalt neonglänzenden Licht halten und mit Präzision und freudigem Genuss tief in unsere Schädel senken.

Aber vor allem das Schlagzeug sorgt für eine unheimlich kompakte Dichte, und dies aufgrund der Qualität, d. h. einer bei aller Raserei und Überschallgeschwindigkeit so feingliedrigen wie unnachgiebigen Präzision. Auch die Quantität sucht ihresgleichen, da gibt es kein Verschnaufen, keine Ruhe, das ist wie Schlafentzug. Da hagelt es nicht nur mit Doublebass vollgesogene Rhythmen, da werden gleichzeitig Snare, Toms und Becken zum Glühen gebracht, und dazwischen werden uns kurze, lange, einfache, diffizile Breaks um die Ohren geschlagen. Und gerade beim Schlagzeug zeigt sich, wie meisterhaft ABORTED ihre nervenzerrende Gewalt in dichte Strukturen zu gießen vermögen. Blastbeats und schnell hämmernde Doublebass sind eben nicht gleichzusetzen mit Hetzerei und rasender Geschwindigkeit, sondern erzeugen bei entsprechend wuchtigen Riffs ein massives Volumen, energetische Wucht und brutalen Groove bis hin zum knochenwalzendem Doom. Das ist einfach meisterhafte Virtuosität!

All diese Hand- und Geistfertigkeiten verdichten ABORTED zu kompositorischen Monstern, die zum Glück nicht nur einfach alles gnadenlos aus dem Weg walzen („Altro Inferno“, „TerrorVision“). Da gibt es auch sowas wie (auf den zweiten Ohrenblick) eingängige Hits voll versteckter Melodien („Deep Red“, „Squalor Opera“). Und da gibt es diese beiden Lieder, die für mich nichts weniger sind als die künstlerische Essenz, der Nukleus, die Formel allen Schaffens von ABORTED: „A Whore d’Oeuvre Macabre“ und „Farewell To The Flesh“. Hört sie Euch an, diese beiden Werke voller grandioser Wendungen, Haken, Schmeicheleien, Riffgewitter, und stimmt mir zu: Wenn auch brutal ahrte Musik schön ist, dann hier!

Fazit: ABORTED legen mit „TerrorVision“ ein Werk vor, das dieses Jahr in puncto Komplexität, Gewalt, Präzision und Dichte kaum zu übertreffen sein dürfte. Das ist großartige Kunst, die fordert, die Kraft kostet, die aber alle Mühen mit hoch intensiven und packenden Stunden belohnt. Was für ein brutales Brett, meine Fresse!

Liederliste:

1. Lasciate Ogne Speranza (0:57)
2. TerrorVision (4:33)
3. Farewell To The Flesh (4:41)
4. Vespertine Decay (6:00)
5. Squalor Opera (4:01)
6. Visceral Despondency (3:32)
7. Deep Red (3:20)
8. Exquisite Covinous Drama (5:01)
9. Altro Inferno (4:49)
10. A Whore d’Oeuvre Macabre (3:01)
11. The Final Absolution (5:07)