ARCH ENEMY & BEHEMOTH „The European Siege“- Tour 2022, Support: Carcass & Unto Others am 30.10.22 in Hamburg, edel-optics.de Arena
Leider muss diesmal ein Livebericht mit dem „Drumherum“ anfangen, denn über die Bands kann man wenig meckern, jene haben
Leider muss diesmal ein Livebericht mit dem „Drumherum“ anfangen, denn über die Bands kann man wenig meckern, jene haben nämlich ordentlich abgeliefert!
Hamburg-Wilhelmsburg, ein neuer Ort für die Gigs in der ewig-kultigen Konzertmetropole Deutschlands, also Hamburg?
An der Größe der (gewöhnungsbedürftig benannten) „edel-optics.de Arena“ dürfte es nicht scheitern, aber an der Infrastruktur und allgemeinen Organisation schon. Denn, nicht nur die Anfahrtswege, als auch die Parkplatzsituation sind miserabel (übrigens die Wartezeiten am Parkautomat nach einer Show untragbar), wenn man überhaupt das Glück hatte einen Platz zu ergattern?! Auch die Versorgung der Fans mit Getränken/Speisen war an diesem Abend unterirdisch (vom ewigem „Schlangenstehen“ an den Theken als auch zu den Restrooms hatten viele die Bands verpasst).
Was jedoch sicherlich vielen Besuchern die Laune im Vorfeld vermiest hatte, war der Ablauf beim Einlass. Wenn der Beginn von UNTO OTHERS auf 18:15 Uhr festgelegt worden ist, aber auch noch gegen 19 Uhr (bereits zu Beginn der Carcass-Show 18:53 Uhr!) extrem lange Warteschlangen vorhanden sind, dann hat da jemand mit den falschen Zahlen hantiert & sich einer zweifelhaften Planung gewidmet.
Ist also eine derartige Arena dieser Anzahl der Fans würdig bzw. überhaupt tragbar?*
Daher blieb es nicht aus, dass auch wir die erste Band komplett verpasst und gerade mal so beim Anfang von den Gründervätern des Death-Grind´n´Roll CARCASS in der Arena auftauchten. Die Briten ließen es auch sein sich vorzustellen, ballerten sofort los. Zwar ließ der Sound einiges zu wünschen übrig, oft zu übersteuert, überlappend und dröhnend, aber Jeff, Bill und Co. waren voller spielfreudig die Sau raus. Eingespielt sind sie und die Setlist wird auf der bereits lang anhaltenden Tournee eh nicht verändert, dementsprechend wirkte alles gut & seit langem vorbereitet.
Das typisch nordische Verhalten des Publikums wirkte auf die Band nicht weiter störend. Paar einzelne versuchten hier und dort auszuflippen, aber so wirklich Megastimmung kam nicht auf. Man merkte doch eher, dass die große Anzahl der Fans die Headliner erwarteten. Und überraschenderweise war nach knapp 35 Minuten (mit dem Klassiker-Hit „Heartwork“) die Show der Briten vorbei.
Einige Zugaberufe halfen wenig. Etwas vom Debütalbum oder „Symphonies of Sickness“ um die Ohren geballert zu bekommen, wäre schon fein gewesen oder wenigsten noch einen Track des 2013er Albums „Surgical Steel“ ab nun. Zudem wäre auch die Frage zu stellen, warum sich ein Michael Amott nicht für ein Solopart oder einen Song auf die Bühne -mit seinen damaligen Mitstreitern- hätte „opfern“ können; das hätte schon noch einen besonderen Kick.
Setlist von Carcass in Hamburg:
Buried Dreams – Heartwork (1993)
Kelly’s Meat Emporium – Torn Arteries (2021)
Incarnated Solvent Abuse – Necroticism: Descanting the Insalubrious (1991)
Under the Scalpel Blade – Despicable (2020 EP)
This Mortal Coil – Heartwork (1993)
Dance of Ixtab (Psychopomp & Circumstance March No. 1 in B) – Torn Arteries (2021)
The Scythe’s Remorseless Swing – Torn Arteries (2021)
Corporal Jigsore Quandary – Necroticism: Descanting the Insalubrious (1991)
Heartwork – Heartwork (1993)
Die Umbaupause für den ersten Headliner des Abends dauert nicht lange, schließlich war Infernos fette Drumkit im Vorfeld sichtbar.
Entsprechend düster ging es mit dem ersten Track „Post-God Nirvana“ des aktuellen Albums als eine Art Intro los. Die Darbietung des Songs mit der Band hinter dem riesigen Vorhang und dem Wechselspiel zwischen Licht, visuellem Clip und Nergals Posen als auch Gesangseinlagen (samt Leuchtmikro) durchaus bösartig; eben BEHEMOTH! Schon jetzt hatten sie das Publikum auf ihrer Seite, auch wenn zahlreiche Fans sich das Spektakel entgehen ließen, weil sie ihre (bescheuerten) Handys in die Höhe hielten, um einiges festzuhalten, anstatt es eben zu genießen; da zu sein, wenn es passiert.
Es zeigte sich schon beim Intro, dass hier etwas Großes passierte und als der brachiale Song “ Ora Pro Nobis Lucifer“ vom 2014er Meilenstein erklang, gab es kein Halten mehr. So zog sich das natürlich weiter, ob mit weiteren neuen Songs oder auch einem Klassiker wie u.a. “ Conquer All“ (ja, dieser Track hat auch schon gut 18 Jahre auf dem Buckel!) zwischendurch.
Es passt alles wie die Faust aufs Auge, das Licht war perfekt auf die Songs abgestimmt, die Truppe, deren „Choreographie“ wirkt wie ein Uhrwerk, wie eben seit etlichen Shows eingespielt. Der Sound musste sich nach den ersten beiden Tracks etwas einfinden, aber dann wurde es gewohnt druckvoll, nicht zu laut und dennoch brachial, sehr gut abgemischt.
Nergal ließ es sich nicht nehmen das Publikum oft genug anzuregen mitzumachen, ob mit deutschen oder englischen Wörtern; auch die „lazy people“ auf den Sitzplatzrängen (dem Balkon) hatte er nach einiger Zeit überzeugt mitzumischen. Und nach der Show wurde es auch etwas politisch für die unpolitische Band. Nergal nahm den Fans aus der ersten Reihe eine iran-ähnelnde Flagge mit einem Schriftzug „Woman Life Freedom“ auf die Bühne und ließ diese am Mikroständer; ein besonderes Zeichen.
Auch Orion hatte keine Scheu mitten im „Chant for Eschaton 2000“ von der Bühne zu gehen und in den Fotograben zu gelangen, um sich spielend, gewohnt mit böser Miene den Fans zu zeigen.
Leider waren die Pyro- und Feuer-Einsätze in dieser „Arena“ (wohl!) nicht erlaubt, was durchaus für eine BEHEMOTH-Show ein kleiner Dämpfer ist.
Womit wir wieder bei der Frage mit dieser Arena in Hamburg-Wilhelmsburg wären. Man stelle sich vor, dass hier Bands wie In Flames, Heaven Shall Burn und Konsorten vielleicht auch Shows buchen wollen würden?!
Phänomenaler Auftritt, perfekte Show, leider nur mit mehr Dampf als Feuer/Pyro, aber dafür auch ein ordentliches Set – auch wenn es natürlich ein, zwei, drei Tracks mehr hätten sein müssen, bei der nur knapp 65-minütigen Show und des Doppel-Headliner-Tour-Status!
Zumindest gab es aber noch die Pleks für die Massen, als auch ein gemeinsames Foto, klar.
Behemoth – Setlist in Hamburg:
Post-God Nirvana – Opvs Contra Natvram (2022)
Ora Pro Nobis Lucifer – The Satanist (2014)
The Deathless Sun – Opvs Contra Natvram (2022)
Ov Fire and the Void – Evangelion (2009)
Thy Becoming Eternal – Opvs Contra Natvram (2022)
Conquer All – Demigod (2004)
Daimonos – Evangelion (2009)
Bartzabel – I Loved You At Your Darkest (2018)
Off to War! – Opvs Contra Natvram (2022)
No Sympathy for Fools – Zos Kia Cultus (2002)
Blow Your Trumpets Gabriel – The Satanist (2014)
Versvs Christvs – Opvs Contra Natvram (2022)
Chant for Eschaton 2000 – Satanica (1999)
ARCH ENEMY waren keine Ausnahme. Auch wenn hier die Umbauphase etwas länger dauerte, so zerrte dies nicht sonderlich an den Nerven. Auch hier ein fett-riesiger Banner beim Intro, der die Band zunächst nur erahnen ließ.
Als die ersten Drums von Erlandsson einsetzen, wurde es einem fast übel; heftiger, druckvoller und extremer Sound. Alissa hatte von der ersten, bis zur letzten Minute der Show das Publikum voll im Griff. Ihre Bühnenpräsenz, die Ausstrahlung sind unglaublich; die Growl-stimme sowieso. Sie hatte es nicht mal nötig mit der Flagge zu wedeln oder die Band selbst hat eigentlich kein Backline oder Deko nötig, es konzentriert sich alles auf die Band und die Shouterin. Das Zusammenspiel der Band war gewohnt klasse, sie wirkten eben wie ein ebenfalls eingespieltes Team, das seit Jahren zusammenspielt und immer noch geil drauf ist, aber auch nicht von der „täglichen“ Wiederholung müde wirkt. Denn sicherlich hat das alles seinen „normalen“ Ablauf für die Profis, aber dennoch bekommen die Fans eben volles Brett und das überzeugend. Eben PURE FUCKING METAL!
Man merkte es auch am Publikum, dass hier wohl die überwiegende Mehrheit wegen ihnen zugegen war. Dementsprechend gab es auch nach dem Outro etliche Zugaberufe und somit auch verwunderte Gesichter, denn es half nichts. Nach den gut 70 Minuten war auch Ende im Gelände; keine Zugabe. Nur noch Handshakes und zahlreiche Pleks für die Massen, hier und dort auch mal ein Drumstick.
Daher sollte man sich schon mal Gedanken machen, ob das so in dieser Form gerechtfertigt ist?! nach so langer Wartezeit vieler Tourneeverschiebungen, dem Hunger nach mehr und überhaupt.
ARCH ENEMY – Setlist in Hamburg:
Intro
Deceiver, Deceiver – Deceivers (2022)
War Eternal – War Eternal (2014)
Ravenous – Wages of Sin (2001)
In the Eye of the Storm – Deceivers (2022)
House of Mirrors – Deceivers (2022)
My Apocalypse – Doomsday Machine (2005)
The Watcher – Deceivers (2022)
The Eagle Flies Alone – Will to Power (2017)
Handshake With Hell – Deceivers (2022)
Sunset Over the Empire – Deceivers (2022)
As the Pages Burn – War Eternal (2014)
Solo (Jeff und anschließend Michael)
Snow Bound – Wages of Sin (2001)
Nemesis – Doomsday Machine (2005)
Fields of Desolation – Black Earth (1996)
Outro
* …von daher, die Arena ist durchaus ok, aber das „Drumherum“ muss allemal deutlich besser werden, ansonsten sehe ich schwarz für HH-Wilhelmsburg. Auch in Anbetracht dessen, dass viele Bands auch auf Pyro usw. setzen. Schließlich gibt es etliche, besser gestellte Clubs, Arenen und Sporthallen in Hamburg und Umgebung.
Galerie:
https://www.metalglory.com/gallery/arch-enemy-behemoth-carcass-30-10-2022-edel-optics-arena-hamburg/
Fotos ©: Christoph (Metalglory.com)
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