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CAVALERA – „Morbid Devastation“-Tour in Rostock, Mau-Club 21.06.2024

Was für ein Massaker! Was für ein großartiges Konzert! Dieser Freitag hat im wunderschönen Rostock mal wieder bewiesen, dass

CAVALERA – „Morbid Devastation“-Tour in Rostock, Mau-Club 21.06.2024

Was für ein Massaker! Was für ein großartiges Konzert!

Dieser Freitag hat im wunderschönen Rostock mal wieder bewiesen, dass es keiner Naturgewalten bedarf, um fanatische Energien freizusetzen. Es braucht keine Erdbeben, keine Orkane und keine Monsterwellen – es braucht nur ein paar Hundert wahnsinnige Metal-Fans, einen wie immer freundlichen Club wie das Mau, und eine Band, die sichtlich Spaß daran hat, dem geneigten Publikum mit Kraft und purem Willen den Arsch zu versohlen. Ach ja, die Setlist lässt sich wie üblich auf den einschlägigen Seiten finden.

Max Cavalera ist einfach eine einnehmende, charismatische Persönlichkeit. Der Mann kommt auf Bühne, blickt in die Menge, erhebt die Hand – und alle hängen ihm an den Lippen und feiern frenetisch. Da darf er auch gleich zum Beginn in die Menge rufen: „We are CAVALERA, an we are the real Sepultura!“ Mit dieser Tour und den Neuaufnahmen der des ersten Splits und beiden ersten Sepultura-Alben „Bestial Devastation“, „Morbid Visions“ und „Schizophrenia“ beweist der Max, dass er bereit ist, etwas zu wagen. Und das ist diese Musikreise auf jeden Fall, kein doppelter Boden mit den Millionensellern von „Chaos A. D.“ und „Roots“, hier gibt es den Urschleim des räudigen, wütenden südamerikansichen Thrash und Death Metal, roh, primitiv und böse.

Ganz tief ausgegraben aus den Geburtsstunden von SEPULTURA gibt es richtig schönes Gehacke und Gebolze, angetrieben vom wie immer grandiosen Igor Cavalera. Der sieht zwar inzwischen aus wie der nette Staubsaugervertreter von nebenan, der ab und an in seiner Freizeit das Fitnessstudio besucht (dieser Nacken!), aber welche Urgewalt und superbe Musikalität er in seinen Armen und Beinen hat, das ist unbeschreiblich. Hart, tight, rasend schnell und dabei mit fettem Punch, allein ihm zuzusehen ist einfach pure Freude und Genuss. Daneben steht mit Mr. Travis Stone ein Gitarrist, der nicht nur schick aussieht, sondern auch mit dem Max zusammen agiert, als hätten sie seit 20 Jahren nichts Anderes getan. Und schließlich hüpft und springt da noch ein brasilianischer Flummi über die Bühne. Der Igor Amadeus Cavalera ist der Spross vom Max, und somit bleibt auf dieser Tour auch (fast) alles in der La Familia. Der junge Herr macht seine Sache aber gut, wie er energetisch und immer wieder den Rotor anwerfend die Bühne zu seinem Spielzimmer macht.

Zu hören gibt es ein buntes Potpourri aus den Hits der drei Scheiben. Zumeist gibt es brutale und schnelle Tritte, unterbrochen von zähfließenden Lavaströmen. Flankiert wird die Musik von zwei großen Bildschirmen an den Seiten, auf denen allerlei düstere und rätselhafte Bilder und Sequenzen abliefen. Das passt gerade in diesen doomigen und von spacigen, psychedelischen Soundcollagen getragenen mystischen Zwischenstücken nahezu perfekt, wenn sich die dunkle, hasserfüllte Magie auch visuell über die Zuhörenden ergießt. Allerdings walzen die Herren diese Parts extrem aus, so dass mehrfach der Spannungsbogen merklich nachlässt und Max erst mit dem nächsten Riff- und Brüllgewitter die Masse wieder hypnotisch begeistern kann.

Jeder und jede wird an diesem Abend seinen eigenen Liebling für sich ausgemacht haben. Für mich sind das „Inquisition Symphony / Escape To The Void“, die nicht nur aggressiv nach vorne preschen, sondern auch ein paar wenige melodische Momente enthalten. Und „Septic Schizo“, ein Lied, bei dem der Titel bereits alles verrät. Was für ein fleischfressendes Massaker vor der Bühne! Zur Stimmung an diesem Abend sei nur gesagt: Rostock hat seinem Namen mal wieder alle Ehre gemacht. Vom ersten bis zum letzten Ton war das die pure Gewalt, Mosh Pit, Circle Pit, eine leidenschaftliche Meute vor der Bühne, die auch zwischen den Stücken ordentlich Radau macht. Der Beweis: Die Kamera des Rezensenten gibt bereits zum Beginn nach einer Bierdusche den Geist auf, der Rezensent selbst verzweifelt in dem Fleischgulasch beim Fotografieren und gibt schließlich auf, um sich selbst in die Meute zu stürzen. Kann es ein größeres Kompliment geben?!

Fazit. Ein grandioses Konzert einer band, die Professionalität, Ehrlichkeit, Spaß und Leidenschaft in sich vereint. Besten Dank, meine Herren – und kommt bald wieder!

P.S. Als Vorband agierten die Rostocker INSTRUCTOR. Die konnten mit einem technischen Death Metal überzeugen, dem es dennoch nicht an Groove und Nachvollziehbarkeit mangelte. An der einen oder anderen Stelle hätte ich mir etwas mehr Eingängigkeit in Form eines schneidigen Refrains gewünscht, aber sei‘s drum. Mit knackigen Riffs, einem so sympathischen wie stimmgewaltigen, Gitarre schwingenden Shouter, und ganz viel Enthusiasmus konnten die viere Herren schnell das Publikum auf ihre Seite ziehen. Das hat dann ordentlich Radau gemacht und sich nach wenigen Minuten die Selle aus den Schädeln gebangt, so dass den Herren das Grinsen nicht mehr aus dem Gesichtern weichen wollte. Gut gemacht!