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Ghost (S) – Prequelle

Die schwedische Band Ghost ist eines dieser Phänomene, die man nur schwer erklären kann. Bereits mit ihrem 2010 erschienenen

Ghost (S) – Prequelle

Die schwedische Band Ghost ist eines dieser Phänomene, die man nur schwer erklären kann. Bereits mit ihrem 2010 erschienenen Debüt-Album konnte sich die Band alleine durch ihr Konzept eine folgsame Fanschar erarbeiten. Nun heißt es also bye bye Papa Eremitus, welcome Cardinal Copia. Mit „Prequelle“ versucht die Band jetzt an den erfolgreichen Vorläufer „Meliora“ anzuknüpfen, der den Schweden einen Grammy einbrachte.

 

Ins Gerede gekommen ist die Band, als der ehemalige Mitglieder Sänger, Gründer, Initiator, Songwriter und wer weiß was nicht noch alles Tobias Forge seitens ehemaliger Bandmitglieder beschuldigt wurde, entsprechende Tantiemen nicht zu zahlen. Daraufhin sah er sich genötigt sein Alter Ego Papa Eremitus III zu Grabe zu tragen und sein wahres Ich zu zeigen, sich damit erstmals seit Bestehen der Band zu erkennen zu geben. Den anschließenden Diksussionen möchte ich mich hier gar nicht weiter widmen, soll es denn doch vor allem um die Musik gehen. „Prequelle“ ist anders, bringt den ganzen theatralischen Glamour und zirkusartigen Metal auf ein neues Level. „Prequelle“ ist ruhiger ausgefallen, bringt fast schon Pop-Elemente zum Vorschein und kann doch vollständig überzeugen. Und ja, es gibt ein Saxophonsolo, das aber dermaßen perfekt zum Song passt, dass man es sich ohne dieses Solo gar nicht vorzustellen vermag.

 

Im Promotext heißt es dann auch: Diese Enthüllung in eigener Sache hat zwar absolut gar nichts mit dem Wechsel von Papa Emeritus III auf Cardinal Copia zu tun, sie macht jedoch den Weg frei für einen anderen Blick auf das Werk dieser Band. Wenn wir nämlich die ganze Ghost-Saga einen kurzen Moment beiseitelassen – die Kostüme, die ausgedachten Quatschnamen, das ganze Art-Rock-Ghost-Mysterium –, dann ist »Prequelle« zuerst ein eklektisches Meisterwerk, wie es in dieser Form lange Zeit keines mehr gab. Gespickt mit popkulturellen Referenzen, zum Bersten gefüllt mit infektiösen Melodien, ein Meilenstein nicht nur für das Genre, mit dem man Ghost zuerst assoziiert: Metal.

 

Natürlich sind Ghost im Metal verwurzelt, auch ohne ein einziges Foto, eine einzige Show von ihnen

gesehen zu haben, wären sie immer noch die beste Melodic-Metal-Band seit sehr langer Zeit. Allerdings

geht das abermals von Tom Dalgety (Pixies, Royal Blood u.a.) produzierte »Prequelle« weit über diesen

Referenzrahmen hinaus. So ist »Witch Image« eine direkte Reaktion der Band auf den Tod von Tom

Petty und wurde am Tag danach geschrieben, das Saxofon-Solo in dem Instrumental »Miasma« könnte

auch auf einem Springsteen-Album sein und »Helvetesfonster« ist orchestraler Jazz-Rock der

klassischen Collosseum-Schule.

 

Im weiteren Verlauf des Albums denkt man ebenso an Toto wie an Blue Oyster Cult, Roxy Music oder

Abba. Dass »Prequelle« darüber hinaus nicht nur das bislang stilistisch offenste, sondern gleichzeitig das

konziseste Ghost-Album geworden ist, liegt an Tobias Forges untrüglichem Melodiegespür: Noch die

abseitigste Ghost-Komposition besticht durch maximale Hitqualität, am Ende ist hier alles Pop.

Ghost rehabilitieren mit »See The Light« die Powerballade, Songs wie »Dance Macabre« oder die erste,

an Ozzy Osbourne erinnernde Single »Rats« sind potenzielle Mega-Hits, die ihren Weg in die Stadien

finden werden. Led Zeppelin, Boston, Mike Oldfield, Vangelis, Queen, Fleetwood Mac: Alles wird hier

eins, alles verschmilzt zu einer Musik, wie sie aktuell niemand außer dieser Band macht.

Damit passen Ghost perfekt in eine Zeit, in der klassische Genrebegriffe sich überlebt haben. Das alte

Spiel mit subkulturellen Codes und die sich daraus ergebenden Abgrenzungsmechanismen haben eine

stammesgesellschaftliche Komponente, die in der globalen digitalisierten Welt albern wirkt. Tobias Forge

hat das besser verstanden als andere.

 

Man muss diese Meinung vielleicht nicht in seiner Gänze teilen. Doch anerkennen, dass Ghost mit diesem Album ein beachtliches Werk vorgelegt haben, muss man. Gerade die teils komplexen Strukturen, die manchmal in progressive Gefilde abtauchen, machen dieses Werk zu einem der spannendsten der Band bisher.

 

Fazit: Ein Meisterwerk? Vielleicht.

 

  1. Ashes
  2. Rats
  3. Faith
  4. See The Light
  5. Miasma
  6. Dance Macabre
  7. Pro Memoria
  8. Witch Image
  9. Helvetesfonster
  10. Life Eternal

 

 

Label: Spinefarm/Universal

VÖ: 01.06.2018

Laufzeit: 41:42 Min.

Herkunft: Schweden

Stil: Heavy Metal

Webseite: http://www.ghost-official.com/

 

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