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GRACCHUS – „Cluttered And Crowded“ (EP)

GRACCHUS – „Cluttered And Crowded“ (EP) Label: Eigenveröffentlichung Laufzeit: 27:57 min VÖ: 28.09.2018 Genre: progressiver, harter Rock, die Vereinigung

GRACCHUS – „Cluttered And Crowded“ (EP)

GRACCHUS – „Cluttered And Crowded“ (EP)

Label: Eigenveröffentlichung

Laufzeit: 27:57 min

VÖ: 28.09.2018

Genre: progressiver, harter Rock, die Vereinigung von Können, Emotion und Eingängigkeit

GRACCHUS nennen sich drei Herren aus der Schweiz und ein Import aus den USA – und sie legen mit „Cluttered And Crowded“ eine EP mit fünf Stücken – inklusive eines Covers von Black Sabbath und eines Livesongs – vor. Und das vorweg: Progressive Musik und Spaß, geht das? Aber ja, und wie!

GRACCHUS machen aber mal richtig fett produzierten, progressiven harten Rock, der bestimmt wird von brachialen Rhythmusriffs und so gerne in Richtung Metal, aber auch immer wieder Testosteron-Ami-Rock ausbricht. Zunächst nehmen mich die abartig guten handwerklichen Fähigkeiten gefangen, die jeder der vier Herren aufweisen kann. Es ist faszinierend, mit welcher fast schon dreisten Lässigkeit und Eleganz hier größtes instrumentales Können unaufgeregt und zwanglos zelebriert wird. Das beginnt bei den Herren Schnellmann und Elrose: Die entreißen den Gitarren nicht nur mühelos unsagbar brachiale Rhythmusriffs, ebenso imposant ist ihre Fähigkeit, diese auch und besonders in den Strophen jederzeit fein ziseliert, detailreich und durchdacht zu gestalten, und neben einer gehörigen Portion Aggressivität und Säge auch mit Wärme und Natürlichkeit erklingen zu lassen. Und dann gibt es diese Soli, technisch höchst anspruchsvoll, dabei aber jederzeit emotional und mitreißend, die nie zum Selbstzweck verkommen, sondern harmonisch in die Songs eingebettet werden und diese nochmals deutlich aufwerten. Der Herr Schnellmann verfügt zudem über eine ausdrucksstarke, sehr eigene, aber dennoch variable Stimme, mit der er ebenso reduziert, ja sanft, wie auch wütend und kämpferisch agieren kann. Dazu gesellt sich mit Herrn Bütikofer ein Mann am Bass, der sich nicht hinter den beiden Virtuosen versteckt, sondern bereitbeinig und voller Selbstbewusstsein Speck auf die Rippen gibt und auch eigene Wege geht. Das Herzstück ist für mich jedoch ganz klar der Herr Murphy. Sein Schlagzeugspiel ist nicht nur variabel, sondern bei aller Filigranität immer wuchtig und kompakt. Vor allem aber verbindet es sich symbiotisch mit den Gitarren und bildet eine spannende Einheit mit den Riffs, mit gnadenlos treibenden Takten, überraschenden rhythmischen Figuren und jederzeit originellen Breaks. Und dazu kommt noch ein Sound, der das alles wunderbar präzise einfängt, denn die Musik fließt ebenso druckvoll und mächtig wie ausgewogen und transparent aus den Boxen und umhüllt uns in einer wunderbar organischen Balance.

In ihrer Musik gelingt es GRACCHUS, progressive Strukturen und höchstes technisches Können sowie packende Nachvollziehbarkeit und melodische Eingängigkeit zu einem großen Ganzen zu verbinden. Die Summe all der Teile sind ein knackiger Hit mit einem einschmeichelnden Refrain („Rotting“), ein mächtiger Brecher mit einem feisten Dampframmengroove („Change The Track“) und schließlich ein Live-Song in bester RapRock-Crossover-Tradition (RATM irgendwer?), der eindrucksvoll beweist, dass progressiver Rock und Nackenschmerzen live bestens funktionieren („Not Your Enemy“). Dazu gesellt sich eine so vielschichtige wie fordernde Achterbahnfahrt („Carnival“), die bestimmt viele Prog-Afficionados begeistern kann, die für mich aber zu zerstückelt und verkopft wirkt und mich nicht mitnehmen kann. Das ist für mich einfach zu viel des Guten, zudem wirkt sich hier das temporäre Fehlen des ordnenden Schlagzeugs aus. Black Sabbath vermag GRACCHUS tatsächlich eine gewisse eigene Note zu verpassen, modern, klar, hell, mir allerdings fehlt gerade die dämonische Dunkelheit und der stoische Wahnsinn des Originals. Und dass GRACCHUS selbst erhabenen Doom können, wenn sie wollen, beweist das majestätische Riff am Beginn von „Carnival“. Daraus bitte einen eigenen Song machen, dann bin ich glücklich!

Fazit: GRACCHUS legen mit „Cluttered And Crowded“ progressiven Rock vor, der fett produziert ist, vor brachialen Riffs, melodischem Gesang und instrumentalen Highlights strotzt und dabei vor allem eins macht: verdammt viel Spaß! Das ist Musik für Kopf, Herz und Seele, voller Können, Leidenschaft, Emotionen und Selbstbewusstsein. Und nun ran meine Herren, fleißig sein, ein Album muss her!

Liederliste:

1. Rotting (4:16)
2. Change The Track (6:13)
3. Carnival (6:20)
4. Into The Void (Black Sabbath Cover) (6:37)
5. Not Your Enemy (live at TaK) (4:21)