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KRANE – „Pleonexia“

KRANE – “Pleonexia” Label: Czar of Revelations / Czar of Crickets Spielzeit: 37:46 min VÖ: 27.10.2017 Genre: Instrumental Post

KRANE – „Pleonexia“

KRANE – “Pleonexia”

Label: Czar of Revelations / Czar of Crickets

Spielzeit: 37:46 min

VÖ: 27.10.2017

Genre: Instrumental Post Rock als fesselndes Gesamt-Kunst-Werk

KRANE legen mit „Pleonexia“ ihr zweites Werk nach „ouroboros“ (2013) vor. Und eins vorweg: Ihre Musik ist die reine Magie. Erwähnt werden muss dabei auch die bei Czar of Crickets obligatorisch hochwertige und wunderbar auf das Gesamtkonzept abgestimmte Verpackung.

KRANE erschaffen Musik, die tief berührt. In einer klaren, luftigen und dennoch ungemein packenden Produktion wird atmosphärischer Rock zelebriert, der in Tempo und Intensität mäandernd den Äther durchflutet und jede Pore des Hörers durchdringt. Von oft melancholischen, stets raumgreifenden und melodischen Synthieflächen getragen, taucht in „Deception“ die Musik wie aus einem Nebel auf, um sich dann langsam zu einem stets mächtiger werdenden Soundmassiv zu erheben. Das Schlagzeug erzeugt in den härteren Teilen mit klaren Takten, aber auch komplexen Rhythmen („I: Stratetic Level“, „III: Tactical Level“) einen schweren, treibenden Groove. Auf diesem schieben die Gitarren mit mächtigen und düsteren Riffs unbarmherzig nach vorne, breiten sich in ihrer erdrückenden Monotonie aus und dringen tief in unser Inneres ein. Bevor es uns zu zerreißen droht, manifestiert sich aus der harten Düsternis immer wieder eine fein ziselierte und hochmelodiöse Gitarrenlinie als Kontrapunkt, die uns mental durchatmen lässt.

So ganz ohne Worte kommen dann auch KRANE nicht aus. Die insgesamt fünf Samples sind offensichtlich nicht nur rein künstlerisches Detail, sondern erfüllen als Text eine Inhalt transportierende Funktion bei der Verdeutlichung der konzeptionellen (politischen) Agenda.

Denn bei KRANE gilt es, nicht alleine über die Musik ihres neuen Werkes „Pleonexia“, sondern auch über den intellektuellen Überbau zu reden. Das Konzept des Krieges kann dabei nur auf einer Meta-Ebene verstanden werden. Das deutsche Sample zum individuellen psychischen Umgang mit der sog. Flüchtlingskrise zeigt, dass KRANE Krieg nicht nur als militärisch singuläres Agieren verstehen, sondern als umfassendes Konstrukt menschlichen Handelns einschließlich aller damit verbundenen physischen wie psychischen Folgen. Dann jedoch funktioniert „Pleonexia“ auf musikalischer Ebene nur als homogenes und hermeneutisch in sich abgeschlossenes System. Denn nur dann ergeben übergeordnetes Konzept und Musik in ihrer Gesamtheit und in ihrem Aufbau Nachvollziehbarkeit und Sinn. Trennt man beides, erkennt man die Folgen: So sind etwa Kriegsgräuel, d. h. die Reduktion des Menschen auf zerschießbares, brennbares, missbrauchbares Fleisch, in anderen Genres (War Metal und verschiedene Spielarten) und von anderen Bands (Endstille, um nur eine zu nennen) in ihrer nihilistischen Grausamkeit deutlich anschaulicher und psychisch auch schwer ertragbarer umgesetzt worden. Für mich unbefriedigend ist das Ende. So gut gemeint und thematisch passend „Aftermath“ sein mag, als letztes Stück habe ich Musik erwartet und nicht eine – zugegebenermaßen in ihrer Unerträglichkeit packende – Geräuschkulisse aus Funksprüchen und Gewehrsalven. Zudem reduziert sich damit die schon nicht besonders pralle Spielzeit an Musik auf knappe 34 Minuten. Da hätte ich mir etwas mehr gewünscht.

Fazit: KRANE haben mit „Pleonexia“ ein wunderbares musikalisches Kaleidoskop atmosphärischen Post Rocks erformt, dass als Ganzes genossen werden sollte. Nehmt Euch die Zeit und lasst Euch fallen in dieses hypnotische, beklemmende, wunderschöne, magische, emotionale Artefakt. KRANE sind jeden Moment davon wert.

Trackliste:

  1. Deception (3:18)
  2. I: Stratetic Level (7:24)
  3. Destabilitation (2:11)
  4. II: Operational Level (12:03)
  5. III: Tactical Level (6:49)
  6. Combat (1:51)
  7. Aftermath (4:07)

(Quelle Bilder: www.facebook.com/kranepost/)