Lynyrd Skynyrd „Last Of The Street Survivors Farewell Tour“, Support Blackberry Smoke, 18.06.2019, Max-Schmeling-Halle, Berlin
Die Südstaatenlegende Lynyrd Skynyrd begibt sich in ihrem 55. Jahr seit der Gründung in Jacksonville, Florida, auf eine Abschiedstour.
Die Südstaatenlegende Lynyrd Skynyrd begibt sich in ihrem 55. Jahr seit der Gründung in Jacksonville, Florida, auf eine Abschiedstour. An einem heißen und teils schwülen, ganz der Musik angepassten, Dienstagabend spielt die neunköpfige Band in Berlin, nahe der ehemaligen Mauer. 6000 Fans sind dem Ruf gefolgt, wobei sich erneut die internationale Verbindung der Skynyrd Fans zeigt, waren an diesem Abend doch auch viele Menschen aus dem skandinavischen Raum, den Niederlanden und Belgien und aus England angereist, um der Legende noch ein letztes Mal ihren Tribut zu zollen.
Den Anfang machte die Amerikaner Blackberry Smoke, die in den Augen (und Ohren natürlich) bereits als würdige Nachfolger von Lynyrd Skynyrd gehandelt werden. Ohne großen Firlefanz, dafür aber mit fantastischem Licht (was bei Vorbands ja leider immer noch selten genug der Fall ist), agierte der Fünfer aus Atlanta gewohnt sicher und agil, bewies auch, dass Southern Rock in seiner Form noch immer eine Daseinsberechtigung hat. Handgemacht, ehrlich und authentisch, mit viel Gefühl und dem gewissen Patriotismus, der gerade im Southernrock ein wichtiger Bestandteil zu sein scheint. Knapp 60 Minuten spielten sie eine bunte Reise durch ihre Alben, wobei der Hauptanteil erstaunlicherweise nicht vom aktuellen Album „Find A Light“ stammte. Ob die Georgia-Rocker die würdige Nachfolge antreten können (und werden), wird die Zeit zeigen. Zumindest haben sie eine prima Visitenkarte abgegeben und sicher auch so manchen Neufan dazugewinnen können.
Setlist Blackberry Smoke:
- Six Ways To Sunday
- Leave A Scar
- Workin’ For A Workin’ man
- Waiting For The Thunder
- Let It Burn
- Rock And Roll Again
- Sleeping Dogs/Come Together/Sleeping Dogs
- Run Away From It All
- Flesh And Bone
- Payback’s A Bitch
- One Horse Town
- Ain’t Much Left Of Me/When The Levee Breaks
Dann endlich war es soweit. Doch was war das? Als Intro „Thunderstruck“ von AC/DC? Na ja, kann man auch mal machen. Danach folgte ein weiteres Intro, von einem großen amerikanischen Radio auf der Leinwand begleitet, mit einer Zeitreise durch die Musikgeschichte. Zu Bob Segers „Old Time Rock ’n‘ Roll“ betrat die Band die Bühne und startete mit dem Klassiker „Workin’ For MCA“ in ihr Set, das ohnehin mit Klassikern nur so gespickt war. Sänger Johnny Van Zant zeigte, dass er noch immer gut bei Stimme ist und als Ersatz für seinen 1977 beim Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen Bruder Ronnie seit 1987 eine würdiger Nachfolger ist. Das einzige verbliebene Gründungsmitglied Gary Rossington zeigte seine Klasse in langen Soli, die vor allem eines waren: ergreifend. Denn er gehört nicht zur Garde der Schnellfinger, brilliert dafür mit viel Gefühl und Ausdruck, was so manchen anderen Gitarristen schlicht fehlt. Auch der Oberindianer Rick Medlocke (Ex-Blackfoot) konnte seine ganze Klasse ausspielen und mit herrlichen Soloeinlagen zeigen, dass er seit seinem Einstieg für den nötigen Ausdruck der „Skynyrd Nation“ spürbar mit verantwortlich ist. Die Band spielte sich durch mehr als 40 Jahre ihrer eigenen Geschichte, brachte die ganzen Klassiker, wie „Simple Man“, „That Smell“, The Needle And The Spoon“, „Tuesday’s Gone“ und „Call Me The Breeze“ zum Besten. Doch den größten Applaus bekam die Band natürlich bei ihrem Überhit „Sweet Home Alabama“, der einst als Antwort auf Neil Youngs Äusserung über den Southern Rock galt. Die 6000 Fans in der nahezu ausverkauften Max-Schmeling-Halle waren schier begeistert, auch wenn der Sound stellenweise doch sehr zu wünschen übrig ließ. Wehmütig wurde es dann nochmal bei der Zugabe, der Jam-Orgie schlechthin, „Free Bird“, bei dem im Hintergund digitale Kerzen an die verunfallten und alle anderen im Laufe der Jahr verstorbenen Bandmitglieder erinnerte. Nach knapp 105 Minuten war der Zauber auch vorbei und die Legende entließ ihre Fans in die warme und angenehme Berliner Luft.
Kleine Bemerkung am Rande: da sich Lynyrd Skynyrd trotz ihrer Herkunft von den derzeitigen Tendenzen, vor allem der rassistischen, in ihrer Heimat distanzieren, gab es auch erstaunlich wenig Patriotismus an diesem Abend und keine Südstaatenflagge, was ansonsten das Aushängeschild des Southern Rock ist. Das verdient Respekt und Anerkennung. Die einzig unschöne Randbemerkung ist die späte Information an die Fotografen, dass an diesem Abend nur aus dem Rund der Halle, hinter dem FOH fotografiert werden durfte. Sowas erst knapp zwei Stunden vor der Show den teils von weit weg angereisten Fotografen mitzuteilen, ist ein absolutes No Go, führt es doch dazu, dass kaum individuelle Bilder entstehen können, die so mancher Fan gerne als Andenken einer Show im Nachhinein nochmal betrachten möchte und sich damit Erinnerungen bewahren kann. Aber das hat nichts mit dem örtlichen Veranstalter und der entsprechenden Touragentur zu tun, die sich selbst überrascht und verständnislos zeigten.
Setlist Lynyrd Skynyrd:
- Workin‘ for MCA
- Skynyrd Nation
- What’s Your Name
- That Smell
- You Got That Right
- I Know a Little
- The Needle and the Spoon
- Saturday Night Special
- Red White & Blue (Love It or Leave)
- The Ballad of Curtis Loew
- Tuesday’s Gone
- Don’t Ask Me No Questions
- Simple Man
- Gimme Three Steps
- Call Me the Breeze (J.J. Cale cover)
- Sweet Home Alabama
Zugabe:
17. Free Bird
Zu den Bilder der Show: https://www.metalglory.com/gallery/lynyrd-skynyrd-last-street-survivors-farewell-tour-support-blackberry-smoke-18-06-2019-max-schmeling-halle-berlin/