Reload Festival, 23. und 24. August 2019, Sulingen
Zum 14. mal fand in diesem Jahr das Reload Festival in Sulingen statt. Geschätzte 12.500 Fans waren dem Ruf
Zum 14. mal fand in diesem Jahr das Reload Festival in Sulingen statt. Geschätzte 12.500 Fans waren dem Ruf der Veranstalter gefolgt und durften sich an diesen Tagen vor allem darüber freuen, dass es der Wettergott mit den ihnen meinte, denn bei strahlendem Sonnenschein macht ein Festival ja mehr Spaß als bei Regen. Aufgrund beruflicher Verpflichtungen konnten wir am Freitag erst pünktlich zu den Backyard Babies vor Ort sein, weshalb wir zu den vorausgegangenen Bands auch kein Wort sagen können.
Starten wir also mit den Backyard Babies. Fast pünktlich enterten die Schweden um Nicke Borg die Bühne und rotzten ihren punkigen Rock, der auch einige Sleaze-Elemente aufzeigte, in die Menge, die allerdings um diese Uhrzeit noch nicht so zahlreich vertreten war, wie es die Band eigentlich verdient hätte. Souverän, abgeklärt und mit mächtig Energie bewiesen sie warum sie seit ihrem Debüt „Diesel And Powerr“ im Jahr 1994 zu den heißesten Acts aus dem Land der Elche gehören. Die knapp 3000 Fans waren auf jeden Fall begeistert und feierten die Babys ordentlich ab.
Weiter ging es mit den Ruhrpott Rockern von Sondaschule, die mit ihrer heißen Mischung aus Ska und Punk der ohnehin schon aufgeheizten Menge ordentlich Feuer unterm Hintern machten. Vor allem Sänger Costa Cannabis (Tim Kleinrensing) schaffte es mit seinen Ansagen und seiner unbekümmerten Art das Publikum auf seine Seite zu ziehen. Spaß und kritische Texte kamen dabei natürlich auch nicht zu kurz, womit Sondaschule wohl die Band mit dem höchsten Spaßfaktor beim diesjährigen Reload Festival gewesen sein dürfte.
Danach durften die Jungs von Soilwork zeigen, was ein derber Abriss bedeuten kann. Auch wenn die Songs des aktuellen Albums ein wenig zahmer und eingängiger ausfielen, hat sich die Band nicht auf den Erfolg verlassen, sondern auch Songs ihrer alten Alben zum Besten gegeben. Auch Soilwork waren mit Spaß dabei und trotzten der sengenden Sonne mit ihrem Melodic Death Metal. Vor allem die Fans feierten die Band ab und man kann sicher sein, dass Soilwork beim Reload eine neue Heimat gefunden haben.
Dann wurde es, na ja, gruselig, denn die Finnen von Lordi mit ihrer Splatterattitüde betraten die Bühne. Eigentlich war es noch viel zu hell, als dass die Band in ihren Kostümen, die bereits beim reinen Zuschauen schon den Schweiss rinnen ließen, richtig zur Geltung kam. Ist es doch bei Lordi eher das Gesamtpaket, das den Reiz der Band ausmacht, denn rein musikalisch betrachtet bieten die Finnen nichts wirklich Neues. Doch alleine die Präsenz von Frontmann und Namensgeber Lordi reichte aus, um die Fans zu bewegen. Ein kleines Schauspiel boten sie natürlich auch, kam aber eben aufgrund der Sonne nicht so richtig zur Geltung. An der Performance der Band allerdings gab es nichts auszusetzen, sondern löste eher Bewunderung aus bei diesen Temperaturen in den Kostümen und Masken der Hitze zu trotzen.
Mit den heimlichen Headlinern Of Mice And Men bog das Festival an diesem Freitag dann langsam in Richtung Zielgerade ein. Die Amerikaner, benannt nach dem Bestseller von John Steinbeck, lieferten dann auch mit ihrem Metalcore mehr als mächtig ab. Mit sehr stimmungsvollem Licht und vielen Feuerfontänen brüllten und feuerten sie ihre Songs in die langsam einkehrende Dunkelheit. Den Fans schien der teils brachiale Sound zu gefallen, feierten ihre Band förmlich ab. Damit waren Of Mice And Men nicht nur optisch ein Leckerbissen, sondern konnten vor allem auch als Musiker in ihrer technischen Brillanz restlos überzeugen und ich bin mir sicher, dass sie an diesem Abend ein paar neue Fans dazugewinnen konnten.
Nach dem Core-Gewitter der Amerikaner stand dann gepflegter Starkstrom der Australier von Airbourne auf dem Programm. Wer die Band bisher noch nie live erleben durfte, weiß nicht um die pure Energie, die Airbourne auf die Bühne bringt. Kein großer Firlefanz, kein Feuerspucker, keine Pyros oder sonstiges Gedöns. Einfach nur purer Rock & Roll, wie er sein muss. Vor allem Frontmann Joel O’Keefe, der sonst auch gerne mal auf den PA-Türmen rumklettert, steckt bis in die Haarspitzen voller Adrenalin. Unglaublich was der Mann für einen Spaß verbreitet, dabei Gitarre spielt und singt. Über die Songs muss man keine großen Worte mehr verlieren, sollte die doch inzwischen jedem Fan von AC/DC oder auch Rose Tattoo mehr als geläufig sein. Das Licht war in sich stimmig und unterstrich diese Power ohne extreme Lichtkaskaden. Auch hier galt simpel und pur. Airbourne sind für jedes Festival eine echte Bereicherung, spielten auch nicht zum ersten Mal in Sulingen und werden mit Sicherheit auch nicht zum letzten Mal dagewesen sein.
Der krönende Abschluss des Abends gehörte dann den Schweden von Sabaton, die als einzige eine komplett umgebaute Bühne nutzen durften. Mit Panzer, Sandsäcken und Maschendraht versehen glich die Bühne dann auch eher einem Schlachtfeld, als einer normalen Bühne. Ob man nun die ewige Thematik des Krieges (oder der Kriegsverherrlichung) mag oder nicht, spielte genaugenommen keine Rolle. Die Schweden um Sänger Joakim Brodén wussten sich in ihrem Schützengraben auf jeden Fall zu verkaufen, was natürlich mit viel Feuerwerk und den obligatorischen Flammensäulen auch eindrucksvoll in Szene gesetzt war. Rein auf das musikalische Element reduziert, ist es halt eher schlichter und simpler Power Metal, der ohne die ganzen Effekte und das martialische Auftreten der Band wohl kaum jemanden vom Sessel reissen würde. Doch speziell diesen Elementen, mit denen die Band immer wieder spielt, hat ihnen einen extrem hohen Schub gegeben. Wobei man fairerweise auch sagen muss, dass die Band extrem professionell und mit hoher Spiellaune ihre Auftritte absolviert. So steuerte der Auftritt der Schweden dann auch mit mächtig Feuer und Qualm seinem Ende entgegen und beendete den Freitag mit einer gehörigen Portion Pathos.
Text verfasst von Christoph Speidel
Bilder des ersten Tages gibt es hier: https://www.metalglory.com/gallery/reload-festival-2019-23-08-2019-sulingen/
Reload Tag 2:
Ich hatte das Festival schon länger auf der Bucketlist, aber nie hat es geklappt. Dieses Jahr war es endlich soweit.
Nach der Ankunft ging es auch gleich an die Arbeit: JINJER traten auf. Sie schafften es tatsächlich zu nachtschlafender Festivalzeit, also 13 Uhr, eine beachtliche Anzahl von Zuschauern vor die Bühne zu ziehen. Dementsprechend war die Stimmung. Ausgelassen gingen die Fans mit. Mittlerweile haben Jinjer sich eine große Fanbase aufgebaut, was auch die größtenteils ausverkauften Shows ihrer aktuellen Tour belegen. Nach den ersten 3 Songs gönnte die Band den Fans eine kleine Pause, die diese gar nicht haben wollten. Man skandierte laut den Bandnamen, was die Band dankbar annahm. Jinjer nutzten ihre 35 Minuten Spielzeit um alle wichtigen Songs zu spielen und haben sicherlich durch ihren sehr souveränen Auftritt noch ein paar Fans gewonnen.
Die nächste Band auf dem Programm war MASSENDEFEKT. Die Düsseldorfer, die nicht nur ob ihrer Herkunft wegen an die Toten Hosen erinnern, brachten die Fans zu schwitzen. Nicht, dass das Wetter schon dafür gesorgt hätte, ließen sie ihren Punk & Roll auf das Publikum los. Die Band unterstützt das Projekt Via con Aqua und bat die Fans für das Projekt Pfandbecher zu sammeln und abzugeben. Am besten gleich, denn sie hatten ein Schlauchboot dabei und ließen einen weiblichen Fan damit über die Köpfe der Zuschauer gleiten um Becher einzusammeln. Es kam einiges zusammen. 40 Minuten Vollgas vom Feinsten, die Band weiß wie man dem Publikum eine gute Zeit bereitet.
Es war der Tag der Sängerinnen. Nach EYES SET TO KILL und JINJER folgte mit WALLS OF JERICHO die nächste Female Fronted Band. Die Metalcore-Band aus Detroit legten gleich gut los. Die Energie von der Bühne übertrug sich schlagartig auf die Massen. Moshpits, Circlepits, Wall of Death… die Fans machten alles mit. Sängerin Candace Kucsulain hatte das Publikum im Griff.
Der krönende Abschluss des 40-minütigen Auftritts war der Song „Revival Never Goes Out of Style“ bei dem alle vor der Bühne mitsangen. Ein toller, flotter Auftritt.
EMIL BULLS, die danach auftraten, standen den vorherigen Bands in nichts nach. Ihr kraftvoller Crossover-Rock/Alternative Metal fand natürlich großen Anklang bei den Zuschauern. Ihren Set konnte man getrost ein Best-Of Set nennen. Mehr kann man eigentlich nicht schreiben. Es war einfach toll und alle Beteiligten hatten ihren Spaß.
BURY TOMORROW passten zu diesem Festival wie A…, na, ihr wisst schon. Der Metalcore aus Southampton verzückte die Fans und die Moshpits wurden immer größer und heftiger.
Nach AGNOSTIC FRONT reihte sich mit WHILE SHE SLEEPS eine weitere Metalcore-Band ein, die den anderen in Sachen Qualität und Beliebtheit in nichts nachstand und in Sachen Walls of Death den Tagesrekord aufstellten. Der fast volle Bereich vor der Bühne war ein Anzeichen des hohen Beliebtheitsgrades der Band. Die Die-Hard-Fans hatten sich versammelt und feierten die Band tierisch ab.
Es wurde ihnen mit einer unglaublichen Spielfreude zurückgezahlt. Besonderheit: der reguläre Sänger Lawrence Taylor konnte wegen familiärer Verpflichtungen nicht auftreten. Er wurde von Scott Kennedy (Sänger bei BLEED FROM WITHIN) mehr als ordentlich vertreten.
Die für mich erste amtliche Ansage machten die alten Schweden, und das ist nicht dispektierlich gemeint, von CLAWFINGER mit ihrem Rap-Metal. Hervorragender Sound, nicht zu laut und nicht übersteuert, druckvoll und groovte derbe. Eine wahre Flut von Crowdsurfern ergoss sich über die Köpfe der Zuschauer und wollte nicht abebben. Wer die Band bis dato noch nicht kannte, wird sie sofort in Herz geschlossen haben. Ein mehr als überzeugender Auftritt.
Setlist:
Intro Goldfinger „Clawfinger“ Theme
Prisoners
Nothing Going On
Rosegrove
Nigger
Two Sides
Recipe for Hate
Biggest & the Best
The Price We Pay
The Truth
Do What I Say
(Incl. „The Final Countdown“-snippet)
Die US-Amerikaner HATEBREED beehrten das Reload Festival wieder einmal mit ihrer Anwesenheit, pünktlich zu ihrem 25. Jubiläum und hatten sogar speziell für diesen Anlass designte T-Shirts dabei. Eine nette Geste. Man merkte, die Band mag das Reload. Über den Auftritt gibt es nichts weiter zu berichter, außer dass es ein Megaabriss war.
Die Headliner am 2. Tag BULLET FOR MY VALENTINE waren ganz klar Chef im Ring. Perfekter Auftritt der Waliser. Perfekter Sound, toll abgestimmtes Licht, ein bisschen Pyro, Konfettikanonen und CO²-Jets. Die Menge rastete aus. Ein würdiger Headliner des Festivals. Danach gab es noch ein gigantische Feuerwerk.
Setlist:
Don’t Need You
Over It
Your Betrayal
4 Words (To Choke Upon)
Worthless
The Last Fight
Venom
Suffocating Under Words of Sorrow (What Can I Do)
Piece of Me
Scream Aim Fire
Alone
You Want a Battle? (Here’s a War)
No Way Out
Tears Don’t Fall
Waking the Demon
Fazit: Das Festival steht ab sofort auf meiner Liste. Es ist super organisiert, entspannt und einfach nur prima.
Text verfasst von Jens-Peter Topp
Zu den Bildern des zweiten Tags geht es hier lang: https://www.metalglory.com/gallery/reload-festival-2019-24-08-2019-sulingen/