ROCKHARZ Open Air – So war der Freitag und Samstag
Freitag Ist musikalisch der Freitag nicht ganz so meins (die Flöten, die neue deutsche Härte etc, ihr wisst schon)
Freitag
Ist musikalisch der Freitag nicht ganz so meins (die Flöten, die neue deutsche Härte etc, ihr wisst schon) meint es zumindest die Sonne an diesem Tag etwas besser und brennt nicht ganz so unbarmherzig. Davon profitieren sowohl I´LL BE DAMMNED mit ihrem coolen Rock´n´Roll als auch AEVERIUM mit ihrem angeschwärzten Sound. Beide Opener können bereits eine erste ansehnliche Menge vor die Bühne ziehen und werden auch höflich beklatscht.
NANOWAR OF STEEL haben mit ihrem – ich nenne es mal so – Satire PowerMetal dann auch die ersten Lacher auf ihrer Seite.
Das Lachen bleibt den meisten dann aber sofort wieder im Halse stecken, werden sie doch von den Death Metal Urgesteinen OBSCURITY ordentlich durchgeprügelt.
Während die Metalcorler ANNISKOKAY vor allem den jüngeren Besuchern ordentlich einheizen (die Sonne kommt mittlerweile auch raus), haben die HorrorPunker THE OTHER es anfangs noch etwas schwerer, erreichen dann aber doch trockenen Fußes die Zielgerade und können sich über einen gelungen Auftritt freuen.
Viel Gerede und auch den ein oder anderen Shitstorm gab es nach dem Facebook Post des CREMATORY Drummers Markus. Dieser drohte bei nicht anständigen Verkäufen des neuen Albums „OBLIVION“ und nicht angemessenen Ticket Sales der Tour damit, den Spielbetrieb einzustellen. Dazu kann man stehen wie man will. Fakt ist, wer derart markige Worte raushaut sollte dann auf einem Festival mit der Reputation des Rockharz definitiv mehr als abliefern. Ein erster Schritt wäre doch dann, Sänger Felix zu bitten die Texte nicht vom Blatt abzulesen. Also ehrlich, was soll denn das? So bleibt unterm Strich eine solide, aber alles andere als herausragende Show.
AMARANTHE mit ihren zig Sänger/innnen und ihrem etwas künstlichen Sound werden zwar gebührend gefeiert, schlagen mich aber in die Flucht. Was da live war und was nicht möchte ich auch gar nicht wissen.
An dieser Stelle springe ich (Katja ) mal ein. AMARANTHE haben einen großartigen Auftritt hingelegt. Die Masse tobte und Crowdsurften was das Zeug hielt. Der Sänger wechsel im letzten Jahr ist der Band kaum anzumerken, so das alle drei auf dem Punkt eine Einheit waren.
Diese Band Polarisierte wohl am meisten, viele die sagten „Das ist Pop und hat hier nichts zu suchen“, andere die sagen „Das ist großartiger Modern Metal“… Ich kann nur jedem Raten sich einmal drauf einzulassen und es sich wenigstens anzuhören, denn Musikalisch kann die Band richtig was.
Da Ensiferum Probleme mit ihrem Flug haben, dürfen BATTLE BEAST direkt eine Viertelstunde länger ran. Die legen sich auch durchaus motiviert ins Zeug und haben das Publikum sofort um den Finger gewickelt. Anfangs bringt die etwas pummelige blonde Sängerin mit ihrem etwas übermotivierten Stageacting den ein oder anderen noch zum Schmunzeln, ist aber gut bei Stimme und überzeugt letztlich.
Die einen Finnen gehen, die anderen kommen: FINNTROLL sind seit Ewigkeiten dabei und wissen ziemlich genau wie man ein solches Festival Publikum auf seine Seite bekommt. Und das gelingt ihnen auch heute wieder problemlos.
LustigLustigTrallalla zum )97sten Mal dieses Jahr: ALESTORM blasen ein überdimensionales gelbes Quietscheentchen auf und schnallen sich bierseelig ihre Instrumente um. Und dann wird auch noch „Hangover“ gecovert. Großartig. Während ca. 80% des Auditoriums begeistert mitfeiert und so manche flotte Sohle auf die Grasnarbe legt stelle ich fest, dass ich für sowas wohl noch nicht besoffen genug bin und versuche das zu ändern. Kann ja so schwer nicht sein.
Ist es tatsächlich auch nicht. Während ich im VIP Bereich ein paar Cocktails schlürfe, müssen dann allerdings EISBRECHER ohne meine volle Aufmerksamkeit auskommen. Die Band ist aber routiniert genug und vor allem lang genug dabei, dass dieses nicht wirklich einen Stolperstein für sie darstellt. Das Gelände ist gut gefüllt und die Reaktionen rechtfertigen die hohe Position im Billing.
Harz On Fire! So lautet das Motto der Göteborger HAMMERFALL, welche die Headliner Position am heutigen Tage haben. Und getreu diesem Motto jagen die wackeren Schweden ein komplettes Munitionsdepot in die Luft als gelte es tatsächlich den gesamten Ostharz abzufackeln. Aber auch musikalisch wird hier ein Feuerwerk nach dem nächsten abgebrannt und ein repräsentativer Querschnitt ihres langjährigen Schaffens geboten. Ich könnte jetzt maulen und behaupten, dass die Bühnenshow stellenweise ein wenig sehr einstudiert wirkt. Aber die Cocktails zuvor haben mich hier eher in Schmuselaune versetzt, also genieße ich die über weite Strecken perfekt Show und halte mein Schandmaul. Und da war jetzt doch wieder dieses Wortspiel…….
Nach den Tuten und Tröten von VERSENGOLD dürfen dann die mittlerweile tatsächlich eingetroffenen Ensiferum noch ran. Hier zeigt sich wer ein wahrer Fan ist, denn mittlerweile ist es tatsächlich empfindlich kalt geworden. Dementsprechend tummeln sich nur noch einige Unentwegte vor der Bühne die bei EISREGEN noch einmal deutlich weniger werden.
Samstag
Da ist sie wieder die Sonne. Aber da gibt es schlimmeres nach einer ausgesprochen kühlen Nacht.
WALKING DEAD ON BROADWAY und ERDLING mühen sich redlich als Opener und können ersten Applaus ernten.
AHAB mit ihrem Extrem – Doom sind dann eher die falsche Band beim falschen Wetter. Aber das kennen die schon, und über die Qualität ihrer Musik sagt das überhaupt nichts.
SERENITY passen da schon eher, ihr Symphonic Metal holt die Leute schnurstracks zurück zur Bühne.
Nichts, wirklich nichts habe ich von SKYCLAD ohne Martin Walkyier erwartet. Und was bekomme ich? Zuerst mal die Erkenntnis, dass ich ein von Vorurteilen behafteter Vollidiot bin. Who The Fuck is Walkyier? Kevin Ridley singt perfekt, spielt eine coole Akustik Klampfe dazu und gibt einen routinierten Fronter ab. Die Satan-Recken Steve Ramsey und Graeme English sind genauso gut wie der zurückgekehrte Dave Pugh und Georgina Biddle ist die erste Frau mit Fiedel auf diesem Festival die ich nicht sofort verkloppen will. Dazu noch eine Setlist die es in sich hat: Anotherdrinkingsong, Penny Dreadful, Parliament Of Fools und sogar Klassiker wie The Widdershins Jig oder das geniale Spinning Jenny werden derartig perfekt und mit Witz und Herzblut gespielt das mir fast die Tränen kommen. Für mich der Überraschungssieger!
Nach einer derartigen Vollbedienung habe ich überhaupt keine Lust auf Trolle und Luftballons (TROLLFEST), dämliche Kostüme (GLORYHAMMER) oder DeutschtümmelRock den ich gar nicht deuten kann (GOITZSCHE FRONT) . Da suche ich mir lieber ein ruhiges Plätzchen, lasse die unglaubliche Skyclad Show auf mich wirken und bereite mich auf folgendes vor:
EXODUS!!! Keine Flöten, keine Dudelsäcke, kein Mummenschanz, kein Firlefanz. Nur Thrash Metal. Und den haben sie quasi erfunden und kultiviert. Bereits beim Opener „Funeral Hymn“ und dem folgenden „Blood in Blood out“ wird der Häcksler angeworfen, die ersten Circle Pits entstehen unaufgefordert und alle feiern eine gigantische Thrash Party. Über „And Then There Were None“, „Bonded By Blood“ bis zum Rausschmeißer „Strike Of The Beast“ gibt es eine absolute Lehrstunde. Wie gut wird diese Band live erst, wenn Gary Holt nach dem Slayer Ende auch live wieder dazu stößt?
Heftig geht es danach auch auf der anderen Bühnenseite weiter: CANNIBAL CORPSE zeigen wie brutaler Death Metal geht. Die Gitarren braten derartig, dass einem Angst und Bange werden kann und Corpsgrinder George Fisher wirkt angepisst wie eh und je, mault das Publikum an da er noch mehr Begeisterung erwartet. „Ich will heute niemanden töten müssen“ schiebt er schelmisch hinterher. Angesichts seiner imposanten Statur ohne Hals und seines infernalischen Gegrowle nimmt man ihm das unbesehen ab. Und noch eine Lehrstunde.
Wer immer nach Exodus und Cannibal Corpse auf die Bühne muss hat es nicht einfach. DIE APOKALYPTISCHEN REITER haben damit allerdings kein Problem. Auch der ein oder andere Spass und selbst die gigantischen Luftballons wirken bei dieser Band – im Gegensatz zu anderen – NICHT albern. Spätestens nach „Reitermania“ hat sich eine der interessantesten deutschen Bands zurück auf den Festival Bühnen gemeldet.
Leider haben PARADISE LOST mit ein paar Soundproblemen zu kämpfen. Das hält die routinierten Briten allerdings nicht davon ab, routiniert einen Querschnitt ihrer Alben zu präsentieren. Schon immer war es so, dass ein PARADISE LOST Set auf Gedeih und Verderb der Stimme von Nick Holmes ausgeliefert war, heute ist der gute Mann allerdings bei Stimme und rettet einen knappen Punktsieg.
Wie albern richtig geht zeigen im Anschluss KNORKATOR. Ständig passiert irgendetwas, ständig ertappt man sich selbst beim Grinsen. Das Publikum feiert KNORKATOR wie kaum eine Band zuvor auf diesem Festival, es herrscht CrowdsurferAlarm an allen Ecken und Enden und die ganze Sache macht einfach nur Spass. Höhepunkt: „Ich bin der Boss“. Absolute Hammershow. Wir sehen uns Ende des Jahres auf der Tour!
Vor dem Headliner ergreift Veranstalter Buddy Kohlrausch die Gelegenheit und bedankt sich – auch mit kleinen Präsenten und einer Laudatio – bei seinen Helfern und seinem Team. Gut gesprochen und nette Geste Buddy!
Mit IN FLAMES steht dann der Headliner des RockHarz 2018 in den Startlöchern. Die musikalische Wandlung welche die Göteborger in den letzten Jahren durchlaufen haben, mögen tatsächlich nicht jedermanns Sache sein, meins ist das absolut nicht. Optisch bekommt man hier einiges geboten, allein für das Licht wird hier wahrscheinlich der Durchschnittsverbrauch einer Kleinstadt verbraten. Auch musikalisch haben die Schweden stellenweise ein Einsehen und spendieren diverse Semi-Klassiker wie z.B. „Pinball Map“, strategisch klug als zweiten Song. Natürlich sitzt hier jedes Riff, jedes Lead und jede Bewegung, gelernt ist gelernt. Natürlich ist das alles beeindruckend anzusehen und zu hören, und ja, IN FLAMES werden ihrem Headlinerstatus hier mehr als gerecht. Und trotzdem ist das irgendwie auch nicht mehr IN FLAMES. Die älteren unter uns werden wissen was ich meine.
Wer immer noch nicht genug hat, kann sich bei den kroatischen Folk Rockern von MANTRA austoben, die meisten zieht es allerdings in ihre temporäre Behausung auf dem Campground. Immerhin steht morgen die Abreise bevor. Und schon ist sie vorbei, die Jubiläumsausgabe des RockHarz. War alles perfekt? Fast. Muss immer alles perfekt sein? Scheiß drauf. Ich führe die Feder zu diesem Review geprägt von tiefem Respekt. Respekt vor Buddy Kohlrausch und seinem Team. Respekt davor, auf einem hart umkämpften Markt eine eigene Nische gefunden zu haben. Und dieses mit einer eigenen Identität, eine Identität, die eine spezielle Atmosphäre schafft. Und diese Atmosphäre, dieses Flair macht das RockHarz zu etwas besonderem. Ich freu mich schon auf nächstes Jahr.
Bericht vom Mittwoch und Donnerstag
Bericht Eiko Truckenbrodt
Fotos Katrin Truckenbrodt