ROME – „Gates of Europe“
Genre: düsterer und aufrüttelnder Wave Folk Pop Fast immer gelingt es mir ziemlich gut, Musik aus dem vom Künstler
Genre: düsterer und aufrüttelnder Wave Folk Pop
Fast immer gelingt es mir ziemlich gut, Musik aus dem vom Künstler gewollten Kontext zu lösen und allein für mich zu genießen. Missionarsgedanken perlen an mir zuverlässig ab, es sei denn, es handelt sich um politisch oder gesellschaftlich extrem menschenfeindliche politische Ansichten. Herr Reuter von ROME war schon immer speziell. Seine Musik war schon stets mit politischen Texten aufgeladen. Aber dieses Mal ist es anders. Eben darum, weil der Krieg in der Ukraine nicht nur schrecklich ist, sondern auch schrecklich aktuell. Und schrecklich nah. Und damit meine ich nicht nur die wenigen Kilometer von hier bis zum Grauen, sondern auch die Nähe des Krieges in unseren Köpfen. Denn noch nie war die menschliche Brutalität, Folter, Vergewaltigung und Mord in allen Variationen so gut dokumentiert. Über all diese schrecklichen Videos ist der Krieg bis in unsere Köpfe gelangt, und glücklich können sich die schätzen, die diese Bilder wie auch immer verarbeiten oder wenigstens verdrängen können.
ROME beziehen dabei klar Stellung gegen den Krieg – und für die Ukraine. Herr Reuter hat eine enge Verbindung zu diesem Land, belegt durch viele Konzerte noch kurz vor dem und im Krieg. Und diese Liebe drückt sich in Zeiten des Krieges durch eine düstere, melancholische Stimmung aus, die an den Schultern packt und aufrüttelt, aber auch barmherzig umarmt und warm umkost. Zwar hat ROME schon immer eine gewisse Dunkelheit umgeben, dieses Mal aber strotzt diese vor Kraft und Zuversicht. Bei aller Traurigkeit, bei allem Schrecken, allen Opfern und aller Grausamkeit, die Lieder atmen zu jeder Sekunde Mut, Energie und Durchhaltewillen. Dafür sorgen nicht nur die gefühlvoll sonore Stimme Herrn Reuters, sondern auch ein elektronisch unterlegter Minimalismus. Die Lieder werden beherrscht vom Gesang, aber einzigartig durch den Einsatz der akustischen Gitarre und perkussiven Elementen. Wenn es mal lauter und dringlicher wird, dann wird es dann auch hymnisch, und zuweilen suhlt sich das dann auch sehr tief in einem Pathos, der für manche Ohren auch aufdringlich wirken könnte („Eagles of the Trident“, „The Black Axis“; „Our Lady Of The Legion“). Höhepunkt ist das Doppel aus „The Ballad Of Mariupol“ und „Going Back To Kyiv“, bei dem Herr Reuter unabhängig von aller politischen bzw. humanistischen Agenda einfach zutiefst berührt und ohne jeden Mummenschanz seine Stimme brillieren lässt. Wunderschön!
Fazit: ROME legen mit „Gates of Europe“ ein Album vor, das musikalisch gewohnt hochwertig daherkommt. Der schon auf den letzten Alben von Herrn Reuters nahezu perfekt dargebotene Mix aus Dark Wave, Folk und Pop ist dieses Mal noch eindringlicher, emotionaler und aufrüttelnder als sonst. ROME positionieren sich klar, fordern dieses aber auch von den Hörenden. Denn ohne Text geht es nicht, zu sehr verwoben sind ROME und Ukraine. Das mag manche da draußen stören, ändert aber nichts an der wie immer hervorragenden Musik. Alles andere müssen wir für uns selbst entscheiden. Daher: Ein so schönes wie wichtiges Werk in diesen Zeiten.
Liederliste:
- Gates Of Europe
- The Death Of A Lifetime
- Yellow And Blue
- How Came Beauty Against This Blackness
- Eagles Of The Trident
- Whom The Gods Wish To Destroy
- Our Lady Of The Legion
- Marauder
- The Black Axis
- The Ballad Of Mariupol
- Going Back To Kyiv
- The Brightest Sun
- Olenivka Rain
- Archives Of Silence
Label: Trisol Music Group
Laufzeit: 50:33 min
VÖ: 25.08.2023
Quelle & © Bilder/Info/Clips: Trisol, Rome