Rose Tattoo & Thundermother, 10.03.2020, Capitol, Hannover
„Brothers and Sisters“ war eine der am meisten genutzten Floskeln des Abends. Er rotzt, er schreit, er brüllt –
„Brothers and Sisters“ war eine der am meisten genutzten Floskeln des Abends. Er rotzt, er schreit, er brüllt – Angry Anderson weilte mit seiner runderneuerten Mannschaft namens Rose Tattoo endlich einmal wieder in Hannover. Doch bevor es in den Abend gehen sollte, war ein anderes Thema mehr als gegenwärtig. Der Corona-Virus hat inzwischen auch die Veranstaltungsbranche erwischt und die Show mit Rose Tattoo war eine der letzen in dieser Größenordnung, die vor der verhängten Sperre seitens der Behörden stattfinden durfte.
Punkt 20:00 Uhr stürmten die Mädels von Thundermother die Bühne und schafften es von Beginn die 1.000 Anwesenden auf ihre Seite zu ziehen. Die Schwedinnen zeigten sich dabei in ihrer seit 2017 komplett ausgetauschten Besetzung, der lediglich Gründerin Filippa Nässil noch erhalten blieb. Ihr rauer, stark an AC/DC angelehnter Boogie Riff Rock wurde eindrucksvoll von den Mädels auf die Bretter gebracht. Besonders Filippa überzeugte mit ihrem Spiel und einer Energie, die ansteckend wirkte. Ein kleiner Ritt durchs Publikum war dabei übrigens inklusive und zeigte, dass Thundermother gewaltig Feuer im Hintern haben und ihre Arbeit mit unheimlich Spaß verrichten.
Es gab einen bunten Streifzug durch die bisherigen drei Alben und sogar einen neuen Song, der aber noch nicht erwähnt werden darf. L Bassistin Majsan Lindberg und Drummerin Emlee Johansson legten einen mehr als fetten Teppich unter das Spiel von Filippa und den grandiosen Gesang von Guernica Mancini, die übrigens, leider muss man sagen, das schwächste Glied in der Kette war. Es war nicht ihr Gesang oder ihre Stimme – da passte alles. Aber sie muss noch gewaltig an ihrem Stageacting arbeiten, wirkte doch vieles einfach zu statisch und so bekam man häufig das Gefühl, dass ihr noch die Routine fehlt, sie manchmal nicht wusste, wie sie sich zu präsentieren hat. Aber das wird noch… da bin ich mir sicher. Ansonsten haben Thundermother einen prima Eindruck hinterlassen, der sicherlich auch viele dazu animieren dürfte die Herbsttournee zu besuchen.
Setlist Thundermother:
Give Me Some Lights
Thunderous
Revival
Rip Your Heart Out
Deal With The Devil
Hellevator
Driving In Style
Rock N’Roll Heaven
Whatever
We Fight For Rock ‘N’ Roll
Eine Umbaupause von knapp dreissig Minuten verführte zwangsläufig dazu, dass das Thema Corona erneut zum Gespräch wurde. Doch es ging an diesem Abend um den Spaß, die Freude am Rock N’ Roll und die wollte sich keiner der Anwesenden verderben lassen. Man war sich einig, dass Schutzmassnahmen wichtig sind. Doch der Schaden, der vor allem der Unterhaltungsbranche zugeführt wird, ist unermesslich. Viele Künstler, deren einziges Einkommen in der heutigen Zeit aus den Shows besteht, haben nun ein Problem. Doch vergessen wir das Ganze und widmen uns der angenehmen Seite des Lebens.
Rose Tattoo betraten ziemlich unspektakulär, wie man es von ihnen kennt, die Bühne und legten gleich mit „Scarred For Life“ los. Die wievielte Inkarnation der australischen Kombo an diesem Abend auf der Bühne stand, konnte wohl niemand mehr so richtig ausmachen. Viele Todesfälle und Besetzungswechsel haben diese Band immer wieder erschüttert und doch stand Frontmann Angry als Aushängeschild immer an vorderster Front. Es fordert einem schon einen riesigen Respekt ab, bedenkt man durch welche Hölle der Kleine mit der großen Stimme bereits gegangen ist. Erst im November 2018 wurde sein Sohn Liam das Opfer eines brutalen Übergriffs und verstarb an den Folgen im Alter von gerade einmal 26 Jahren. Mit diesem Hintergrundwissen ist es umso erstaunlicher, dass Angry , trotz seines Namens, an diesem Abend kein bisschen angry war. Er versprühte seinen unwiderstehlichen Charme, rotzte, brüllte, schrie und wirkte dabei cool und gleichzeitig verdammt ehrlich und authentisch.
Dai Pritchard, der inzwschen einziges verbliebenes Mitglied der letzten Besetzung ist, spielte sich mit seiner herrlichen Slide-Gitarre in den Mittelpunkt, setzte die Akzente und blieb doch stets ein wenig im Hintergrund. Der Teppich unter den Songs wurde, wie man es von Rose Tattoo kennt, dermaßen druckvoll und groovend vorgetragen, dass man unweigerlich mit dem Rhythmus mitgehen musste. Die Tatts setzten nicht auf eine Setliste, die nur Altbekanntes beinhaltete, sondern brachten auch ein paar Songs zum Vorschein, die man ewig nicht mehr gehört hatte und auch nicht unbedingt zur ersten Garde ihrer Hits gehörte. Genau das aber machte den zusätzlichen Reiz aus, merkte man der Band doch an, dass sie mit mächtiger Spielfreude dabei waren. So gab es immer wieder lange Instrumentalpassagen die häufig den Eindruck einer Jam-Session hinterließen.
Es gab an diesem Abend keine Pyros, keine ausufernde Lichtshow oder ellenlange Intros. An diesem Abend gab es Rock n’ Roll pur – direkt und mitreissend. Es war eine riesige Freude Angry zuzuschauen, der seine Fans schon ewig Brothers and Sisters nennt. Man kauft ihm diese Ehrlichkeit auch in jedem Moment ab, weiß man doch um seine Bodenständigkeit. Lachend und schwitzend ließ er es sich auch nicht nehmen einige Fans in der ersten Reihe persönlich per Handschlag zu begrüßen: „Don’t forget to wash your hands. By the way… I love my penis.” Auch das gehört bei Angry einfach dazu. Ein Mann, ein Wort. In dieser Verfassung, und dabei spielt es keine Rolle in welcher Besetzung auftritt, dürfen die Tatts gerne jederzeit wieder durch die deutschen Hallen tingeln. Tatts Forever Forever Tatts (TFFT)!
Setliste Rose Tattoo:
Scarred For Life
It’s Gonna Work Itself Out
Juice On The Loose
One Of The Boys
Creeper
Sidewalk Sally
Rock ‘n’ Roll Outlaw
The Butcher And Fast Eddie
Once In A Lifetime
Rock ‘n’ Roll Is King
Sweet Meat
Sweet Love
We Can’t Be Beaten
Bad Boy For Love
Nice Boys
Encore:
Astra Wally
Mehr Bilder des Abends gibt es hier: https://www.metalglory.com/gallery/rose-tattoo-outlaws-tour-thundermother-10-03-2020-capitol-hannover/