TOTO „40 Trips Around The World Tour 2019“, 30.06.2019, Zitadelle Spandau, Berlin
An einem der wohl heissesten Tage des Jahres einen Trip nach Berlin zu machen, ist wohl auch nur etwas
An einem der wohl heissesten Tage des Jahres einen Trip nach Berlin zu machen, ist wohl auch nur etwas für Hartgesottene oder echte Fans. Dann gibt es ja noch solche Knaller wie mich, die einen, ähm, Auftrag zu erfüllen haben. Ab auf die Bahn und in knapp 3 Stunden mal eben locker durchgerutscht, sind wir dann auch, dank Klimaanlage, wohlbehalten in der Hauptstadt angekommen. Da ich bisher noch nie die Zitadelle Spandau besuchen durfte, war ich von der Kulisse erstmal mächtig beeindruckt. Das dürfte sich wohl zu einer meiner Lieblingslocations entwickeln. Aber ich schweife ab.
Dank eines lauen Windes, der durch das Gemäuer fegte, zwar keine echte Abkühlung brachte, aber die 40°C ein wenig angenehmer erscheinen liess, fanden sich 4.200 Fans jeglichen Alters zu einer kleinen Party ein und sollten auch nicht enttäuscht werden. Pünktlich um 19:30 Uhr betraten dann die Herrschaften von TOTO ziemlich unspektakulär und ohne irgendwelchen Firlefanz die Bühne. Bereits hier zeigte sich die gute Laune von Steve Lukather, der seine Band sicher durch den Abend führte. Man merkte ihm an, dass er inzwischen sein altes Laster Alkohol abgelegt hat und sich sowohl im Leben als auch auf der Bühne wieder wohl fühlt. Sein exzellentes Spiel ist ohnehin nicht von dieser Welt, was er aber nie zu extrem zur Schau stellte oder sich gar zum wilden Ritt auf der Sechssaitigen hinreissen ließ. Höflich und respektvoll geht er mit seinen Kollegen und dem Publikum um, hält sich auch gerne mal im Hintergrund, gibt aber auch gerne den großen Zampano, der alles zusammenhält.
Den Anfang macht der Song „Devil’s Tower“, der bis zum Erscheinen der „All In“ Box unveröffentlicht war und nur auf dem Album „Old Is New“ zu finden ist. Ein starker Rocker, der die härtere und trotzdem verspielte Seite der Band zum Anfang perfekt herauskehrt. Es war ohnehin ein Abend der eher unbekannten oder selten gespielten Songs, denn selten habe ich in einer Setlist von TOTO dermaßen viele Songs erleben dürfen, die nicht schon seit Ewigkeiten totgedudelt sind. Dass natürlich auch ein paar Klassiker nicht fehlen durften, war klar, hätte ansonsten auch sicher einige Fans ordentlich verprellt
Man merkte der Band an, dass sie in dieser Besetzung inzwischen wie eine gut geölte Maschine funktioniert und blind aufeinander eingespielt ist. Selbst „Neuzugang“ Dominique „Xavier“ Taplin, der mit seinen 27 Jahren noch die Tasten für Prince drücken durfte, hat sich perfekt integriert, während Bassist Shem von Schroeck, einst u.a. Bassist für Kenny Loggins, ruhig und stoisch seinen breiten und druckvollen Teppich unter das Spiel von Lenny Castro, der bereits zu seeligen Boz Scaggs Zeiten mit Luke gespielt hat und Drummer Shannon Forrest, hinter einem großen Plexiglasverschlag versteckt, legt. Für die Keyboards war natürlich, neben „Xavier“ Taplin, der den immer noch erkrankten David Paich vertritt, auch der alte Weggefährte Steve Porcaro verantwortlich, der aber auch Taplin genügend Raum ließ. Es war schon herrlich den beiden alten Recken Porcaro und Lukather beim gemeinsamen Rocken zusehen zu dürfen und zu sehen, mit was für einem riesigen Spaß sie noch immer bei der Sache sind.
40 Jahre Bandbestehen, bzw. inzwischen sind es ja schon 41 Jahre, sind schon etwas ganz Besonderes und speziell diese Band hat so manchen Mitstreiter im Laufe der Jahre an das Himmelsorchester verloren. Umso schöner zu sehen, dass noch immer genügend Feuer vorhanden ist und das bei Lukather nach seiner Läuterung sogar noch mehr, ist sicher eine Würdigung wert. Sänger Joseph Williams bewiese erneut seine absolute Spitzenklasse, sang noch immer, als ober gerade 30 Jahre geworden wäre.
Einer der wenigen Momente, in denen TOTO die Fans doch noch überraschen konnte, kam beim Acoustic-Set (ich kann mich nicht erinnern, jemals einen akustischen Part von der Band gesehen zu haben). Jeder Teil bekam seine eigene Ansage. So erzählte Porcaro aus einer Zeit, da er sehr wütend und verstimmt ins Studio kam, denn die Band war gerade dabei ihr Meisterwerk „TOTO IV“ aufzunehmen. Er hatte kurz zuvor erfahren, dass ein Freund seiner Tochter sie verletzt hatte, was Porcaro dazu veranlasste den Song „Human Nature“ zu schreiben, der von Michael Jackson gesungen zum Welthit wurde. Anekdoten dieser Art gab es einige an diesem heißen Sommerabend. Doch es gab vor allem Musik, wobei man manchmal zwischendurch fast das Gefühl bekam, dass sich die Band in einen wahren Rausch spielen wollte. So war der letzte Song „Africa“, der natürlich sein musste, ein Ritt par excellence durch den Rock und gespickt mit kleinen Versatzstücken aus dem Jazz, wurde von den 4200 Fans größtenteils lauthals mitgesungen. Erstaunlich war, dass man eben nicht nur in Ehren ergraute Mitsechziger antraf, sondern erstaunlich viele junge Menschen, die TOTO für sich entdeckt haben. Toll!
Nach knapp 125 Minuten schließlich endete die Show mit dem Knaller „Home Of The Brave“ und entließ die Fans in die nun ein wenig abgekühlte Berliner Luft. In dieser Verfassung darf TOTO gerne erneut die Bühnen unerer Republik erklimmen.
Mehr Bilder der Show findet ihr hier: https://www.metalglory.com/gallery/toto-40-trips-world-tour-2019-30-06-2019-zitadelle-spandau-berlin/
Setlist:
- Devil’s Tower
- Hold The Line
- Lovers In The Night
- Alone
- I Will Remember
- English Eyes
- Jake To The Bone
- Rosanna
- Georgy Porgy (Acoustic)
- Human Nature (Acoustic)
- I’ll Be Over You (Acoustic)
- No Love (Acoustic)
- Stop Loving You (Acoustic)
- Piano Solo
- Girl Goodbye
- Lion
- Dune (Desert Theme)
- While My Guitar Gently Weeps
- Make Believe
- Africa
Zugabe:
- Home Of The Brave