Tschaika 21/16 – Tante Crystal uff Crack am Reck
Ich bin geneigt zu sagen, das Tschaika 21/16 „harte bis anstrengende Kost“ für´s musikalische Gemüt ist, doch vom
Ich bin geneigt zu sagen, das Tschaika 21/16 „harte bis anstrengende Kost“ für´s musikalische Gemüt ist, doch vom ersten Durchlauf an, bin ich auch überzeugt davon, dass wenn man den Soundbrocken erst mal geschluckt hat, ihn auch leicht nachvollziehen kann. Ich muß dazu das Pferd kurz von hinten aufzäumen: Die Band (2 Mann, bestehend aus „Bauer Tim“ und „sein Onkel“) nutzt zu jedem Song als Outro gesprochene Szenen, die mit den Berliner Nahverkehr zu tun haben, hauptsächlich die S-Bahn betreffend, auf dem Weg zu typischen Touristenzielen (Man hätte aber auch ruhig zu dem Berliner Original zugreifen können, die U-Bahn hätte ich passender gefunden. Sie bietet doch auch spannende Linien für vertonte Fahrten!). Und unter dem Aspekt, man fährt mit den Beiden musikalisch unterhaltend durch die Stadt, fühlte ich mich auf der Fahrt auf dem Berliner S-Bahnring versetzt (Ringbahn). Man sieht viel von Berlin und erlebt das Fahrgastpublikum sehr intensiv mit allen Vor- und Nachteilen, die so eine Fahrt bietet. Verspätungen, langsamere Streckenabschnitte die Überlegen lassen, ob man den Anschluß beim Umsteigen noch schafft, Zeitungsverkäufer, Bettler und Pöbler, Musikanten, uvm… Ich stellte mir vor, das Album „Tante Crystal uff Crack am Reck“ ist der perfekte Soundtrack für die wahnsinnig vertonte (Ab-)Fahrt. Und es funktioniert! Ich werde das auf meinem nächsten Berlintrip checken! Daheim klingt das Album über dem Kopfhörer schräg, spannend, lustig,…und doch sehr emotional, denn jeder der den Berliner Nahverkehr kennt, findet seine Passagen wieder, die ihm bei der nächsten Fahrt durch den Kopf schießen werden. Musikalisch suhlen sich die Beiden im Noiserock, lassen aber beinahe sämtliche Genre in ihren Sound einfließen. Egal ob Radiorocksounds, Postrock, Jazzrock, Desert / Stonerrock, Alternativerock,…sehr progressiv und verdammt kantig, aber immer wieder zum Grundton wiederkehrend, ohne sich zu verlieren. Ratlosigkeit ist nicht zu hören, stattdessen gibt es u.a. Seemannsklavier und Trompete. Grundsätzlich frickelt und groovt man sich schlagkräftig und zielsicher instrumental durch die knappen 52 Minuten. Die wenigen Gesangseinlagen aber, erinnern stark an die NDW der 80er, Berliner Art. Abwechslung ist groß geschrieben und wird nur noch von Kurzweiligkeit überboten. Sorry, dass ich nicht mehr von der S-Bahn Denkensweise weg komme, aber die Beiden haben mich erst auf die Schiene gebracht, und sie passt verdammt gut.
Sido besingt das „Ghettoleben“ in den Familien und Siedlungen, Bushido rappt über sein Neukölln (oder was auch immer…), Peter Fox beschreibt das Leben in Kreuzberg / Friedrichshain und Tschaika 21/16 schrieben ´nen passenden Soundtrack für die Bahnfahrt durch Berlin. Wobei der Song „Hip Hop Anna Ampel – Krieg auf deutschen Straßen“ mich eher an eine Taxifahrt durch Neukölln / Tempelhof erinnert…mal geht es fix voran, mal muß getrickst werden, und mal geht gar nix mehr! Musikalisch übrigens ohne wirkliche Hip Hop Einlagen.
Fazit: Absolut nix für Metallerohren, die sich engstirnig dem Metal verschrieben haben. Auch pure Radiorockfreaks und Maniacs werden mit dem Alben keine Freude haben. Tschaika 21/16 Album „Tante Crystal uff Crack am Reck“ ist für Freunde vertrackter aber doch strukturierter Art & Noisemusik, die gern auch progressiv beschrieben werden kann und sogar lustig ist ohne albern zu sein. Alle bekannten Genre des Rock werden zu einem Soundgerüst „verwurstet“, ohne überladen oder übersichtslos zu wirken. Chaupeau!
- NadashaBackDieGowa
- Griechisches Bein
- Quadratur vom Fotz
- Breitzeit
- Zeh 64
- Lass mich doch in deinem Wald der Oberförster sein
- Doom mich auch
- Hip Hop Anna Ampel – Krieg auf deutschen Straßen
- Man nennt sie Nancy
Label: Noisolution / Soulfood
VÖ: 11.11.2016
Laufzeit: 51:50 Min.
Herkunft: Deutschland
Genre: Rock, Post Rock, Art Rock, Noise Rock, Jazz, Progressive, NDW, Desert Rock / Stoner Rock, Alternative,…
Line-Up:
Tim – Gitarre (bekannt von der Berliner Band ROTOR, ORWO6)
Onkel – Schlagzeug (bekannt von u.a. ALLIGATOAH, OHRBOOTEN, TIM BENDZKO)
Website:
https://www.facebook.com/tschaika2116/